BIM und Nachhaltigkeit:

Eine Synergie für die Zukunft des Bauens

Die Baubranche in der Schweiz steht vor grossen ökologischen Herausforderungen. Als Hauptverantwortliche für über 80% des Abfallaufkommens und 38% des CO2-Ausstosses im Land spielt sie eine entscheidende Rolle in der Umweltdebatte. Die herkömmliche, rollende Planungsmethode erweist sich oft als ineffizient, führt zu einer Verschwendung von Ressourcen und trägt massgeblich zu diesen hohen Belastungszahlen bei.

 

Quelle: globalabc.org

 

Das Konzept der Nachhaltigkeit fusst auf drei Säulen: Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung.

Unser Hauptaugenmerk liegt hier auf der ökologischen Dimension, die die Reduzierung von Umweltbelastungen und einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen einschliesst. Entgegen der verbreiteten Annahme, dass Building Information Modeling (BIM) die Gesamtkosten eines Bauprojekts in die Höhe treibt, zeigt sich, dass die Anwendung der BIM-Methode tatsächlich sowohl ökologische als auch ökonomische Effizienzsteigerungen ermöglicht. Durch genauere Planungsprozesse und effizienteren Ressourceneinsatz können sowohl der ökologische Fussabdruck verringert als auch Kosten eingespart werden.

Im Folgenden zeigen wir Ihnen dafür einige internationale Beispiele und schauen uns an, wie es bei uns in der Schweiz aussieht.

Projekt Chengdu-Yibin Expressway

Quelle: Courtesy of Sichuan Road and Bridge (Group) Co., Ltd.

 

Ein herausragendes Beispiel hierfür ist das Projekt Chengdu-Yibin Expressway, ausgeführt von Sichuan Road and Bridge (SRB), das in der Region neue Massstäbe für intelligente Autobahnen setzt. Dieses Projekt beinhaltet den Bau einer 155 Kilometer langen Autobahn durch eine bergige Landschaft in China, inklusive 154 Brücken, vier Tunneln, 17 Verkehrsknotenpunkten und fünf Servicebereichen. Die Herausforderung lag darin, innerhalb von drei Jahren eine sichere, komfortable und moderne Verkehrsader zu errichten, die zugleich strenge Anforderungen an Landschafts- und Umweltschutz erfüllt.

SRB hat entlang der gesamten Route die BIM-Methode eingesetzt, um die Effizienz in den Bereichen Inspektion, Design, Produktion und Management zu verbessern. Dazu entwickelten sie eine cloudbasierte Plattform für Bau- und Informationsmanagement und etablierten eine intelligente Fabrik zur Herstellung von Stahlträgern. Die Anwendung von BIM und Reality Modeling-Anwendungen war entscheidend für die Lösung zahlreicher Herausforderungen, wie z.B. die Sichtprobleme an den 17 Verkehrsknotenpunkten und ineffiziente Prozesse in der Stahlträgerfabrikation.

Mit Hilfe der OpenROAD- und LumenRT-Software von Bentley Systems konnte SRB das Autobahndesign modellieren, inspizieren und visualisieren. Dies ermöglichte es, Verkehrsrisiken zu minimieren und die Sicherheit zu erhöhen. Durch die Entwicklung einer Plattform für das Baumanagement konnte zudem die Bauzeichnungen optimiert, die Terminplanung und Arbeitsabläufe koordiniert und so eine bessere Übersicht über die verschiedenen Bauabschnitte gewährleistet werden.

Durch den Einsatz von BIM konnte SRB insgesamt mehr als 103 potenzielle Designprobleme identifizieren, was zu einer Einsparung von 4,5 Millionen CNY an Baukosten führte. Zusätzlich wurden durch digitale Inspektionen und Simulationen über 14 potenzielle Sichtprobleme gelöst, was zu weiteren Einsparungen von 7 Millionen CNY führte. Insgesamt konnte SRB durch die Digitalisierung des Projekts 17.5 Millionen CNY (ca. 2.45 Millionen CHF) einsparen, die Bauzeit um 124 Tage verkürzen und die Produktionskosten um 6 Millionen CNY senken.

Basierend auf der Annahme, dass auf einer durchschnittlichen Baustelle etwa 20 Tonnen CO2 pro Tag emittiert werden, ergibt sich für das Chengdu-Yibin Expressway-Projekt eine Einsparung von etwa

2’480 Tonnen CO2.

Diese Schätzung ergibt sich aus der Verkürzung der Bauzeit um 124 Tage.

Quelle: BOB AG

 

BOB AG: Nachhaltige Bürogebäude

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist die BOB AG, ein Unternehmen, das sich dem Bau von nachhaltigen und energieeffizienten Bürogebäuden verschrieben hat. Durch die Entwicklung eines Serienmodells für Bürogebäude hat die BOB AG es geschafft, Standardkomponenten zu standardisieren und in neuen Projekten wiederzuverwenden. Dieser Ansatz ermöglicht eine Reduzierung des Energieverbrauchs um bis zu 50% im Vergleich zu konventionellen Gebäuden.

Die Energiekosten eines BOBs betragen nur 50 Prozent eines herkömmlichen Büroneubaus

Dr. Bernhard Frohn
BOB AG

In Bezug auf den Energiebedarf legt die BOB AG grossen Wert auf aktiven Klimaschutz und Ressourcenschonung. Durch detaillierte Simulationen mit der BIM-Methodik und verschiedenen Umgebungsparametern wird der Energiebedarf eines Gebäudes für Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung optimiert. Die BOB AG achtet darauf, dass für die Energieerzeugung keine fossilen Brennstoffe benötigt werden. Dies trägt zur Klimaneutralität der Gebäude bei. Darüber hinaus verfügt jedes BOB-Gebäude über ein System, das in Echtzeit die Einhaltung der Energiesparziele überwacht.

Aber was unternimmt die Schweiz?

In der Schweiz gibt es mehrere Projekte, die BIM und Nachhaltigkeit erfolgreich verbinden. Ein Beispiel ist das Projekt «BIMwood», das von der Berner Fachhochschule (BFH) geleitet wird. Dieses Projekt konzentriert sich auf BIM-basierte Planungsprozesse im Holzbau und adressiert Herausforderungen im vorgefertigten Holzbau, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung von Fertigung und Montage in frühen Entwurfsphasen. Ziel ist es, die Prozesse im Holzbau zu optimieren, um einen Beitrag zu den Klimazielen des Bundesrates bis 2050 zu leisten. Im Projekt «BIMwood» werden neue Ansätze zum Planen im vorgefertigten Holzbau entwickelt, wobei das Prinzip des Designs für Manufacturing and Assembly (DfMA) verwendet wird. Dieser Ansatz ermöglicht es, notwendiges Wissen aus späteren Phasen in frühere Phasen zu integrieren und die Planung auf die Logiken der Vorfabrikation von grossformatigen Elementen im Holzbau auszurichten.

Quelle:www.fhnw.ch

Ein weiteres Beispiel ist das greenBIM-Programm des Instituts für Nachhaltigkeit und Energie am Bau (INEB) der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Ziel dieses Programms ist es, Architekten und Planern BIM-Anwendungen zur Verfügung zu stellen, die es ermöglichen, Nachhaltigkeitsaspekte innerhalb ihrer Planungsumgebung zu bewerten und zu optimieren. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist ein Revit-Plug-in, welches die Überprüfung der grauen Energie und Treibhausgasemissionen eines Vorprojekts ermöglicht. Das Tool basiert auf einer integrierten Datenbank mit Bauteilen und bietet direktes Feedback mittels Bauteilbenchmarks und Gebäudebenchmarks. Es unterstützt Planende dabei, bereits während der Entwurfsphase Entscheidungen zu treffen, die zur Nachhaltigkeit des Projekts beitragen.

Diese Beispiele zeigen, wie in der Schweiz innovative Ansätze im Bereich BIM und Nachhaltigkeit verfolgt werden, um den Bau effizienter, umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten.

Es zeigt sich, dass BIM und Nachhaltigkeit eng miteinander verknüpft sind.

Durch eine optimierte Planung, Umsetzung und Bewirtschaftung von Projekten, ob im Hochbau oder im Infrastrukturbau, ist das Einsparungspotenzial von Ressourcen enorm und die Effizienzsteigerung beträchtlich. Dies führt dazu, dass die Bauwirtschaft einen immer besseren ökologischen Fussabdruck erhält.

Ein Schlüsselelement dieser Bemühungen ist die Einführung neuer Zuschlagskriterien in öffentlichen Ausschreibungen, die Nachhaltigkeitsaspekte stärker berücksichtigen. Ein Beispiel für diese Initiativen ist die Wissensplattform für nachhaltige öffentliche Beschaffung  WöB, die von der Bundesbeschaffungskonferenz (BKB) und der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Hand (KBOB) in Zusammenarbeit mit der Konferenz der kantonalen Bauleiter, Planer und Umweltschützer (BPUK), dem Schweizerischen Gemeindeverband (SGV) und dem Schweizerischen Städteverband (SSV) unterstützt wird. Diese Plattform dient als zentrales Portal für Informationen und Instrumente zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung.

Ein weiteres Beispiel ist die Charta für kreislauforientiertes Bauen,

welche von zwölf der grössten öffentlichen und privaten Bauherren in der Schweiz unterzeichnet wurde. Diese Charta zielt darauf ab, den Einsatz nicht erneuerbarer Primärrohstoffe bis 2030 auf 50% der Gesamtmasse zu reduzieren und die indirekten Treibhausgasemissionen deutlich zu senken. Sie strebt ausserdem eine erhebliche Verbesserung der Kreislaufwirtschaft bei Renovierungen und Neubauten an. Die Unterzeichner der Charta, darunter grosse Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, haben sich verpflichtet, innovative Lösungen zu entwickeln, um diese Ziele zu erreichen. Beispiele hierfür sind Renovierungen statt Neubauten und die Reduzierung des Materialverbrauchs.

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Massnahmen zeigen, wie die Schweiz aktiv daran arbeitet, die Baubranche nachhaltiger zu gestalten. Sie beschreitet neue Wege in der öffentlichen Beschaffung und fördert die Kreislaufwirtschaft.

Fazit:

Abschliessend lässt sich feststellen, dass sich die Baubranche zunehmend der Notwendigkeit ökologischer Nachhaltigkeit bewusstwird und aktiv Massnahmen ergreift. Building Information Modeling (BIM) spielt dabei eine zentrale Rolle, da es nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile bietet. Es gibt noch viel zu tun, aber die Richtung ist klar: Eine umweltfreundlichere, effizientere und nachhaltigere Baubranche ist das Ziel.


Quellen

 

chengdu-yibin-expressway

 

bob-ag

 

bfh.ch

 

fhnw.ch

 

globalabc.org

 

Kreislaufwirtschaft beim Bauen: Zwölf Grosse machen vorwärts

 

Wissensplattform nachhaltige öffentliche Beschaffung WÖB

 

Über den Autor

pic

Mario Sülz

Projektleiter Digitalisierung

[email protected]

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