Der Berufswahlprozess digitalisiert sich

ZBV

Damit der Fachkräftemangel wirkungsvoll bekämpft werden kann, müssen Jugendliche im Berufswahlprozess umfassend orientiert werden. Zu diesem Zweck durften Oberstufenlehrpersonen kürzlich im Campus Sursee einen Blick in die Welt der Bauberufe werfen. von Daniel Schwab

 

Warum wollen so wenig Jugendliche einen handwerklichen Beruf erlernen? Liegt es an der mangelnden Attraktivität dieser Berufe? Wohl kaum. In der Regel haben sie einiges zu bieten: Abwechslungsreiche Tätigkeiten, einen guten Lohn, ausgezeichnete Zukunftsperspektiven. Nur wissen das viele Menschen nicht. Darunter auch wichtige «Beeinflusser» wie Eltern und Lehrpersonen. Deshalb lud der Baumeisterverband Luzern kürzlich – zusammen mit den Maurerlehrhallen Sursee, dem Campus Sursee und dem S&B Institut für Berufs- und Lebensgestaltung – Lehrpersonen der Oberstufe zum Event «Erlebnis Berufswahl» ein. Petra Stocker, Kampagnenleiterin Berufsmarketing beim Schweizerischen Baumeisterverband stellte die Lehrberufe Maurer, Strassenbauer & Co. kurz vor und verwies dabei auf die Website www.bauberufe.ch. Danach interviewte Simon Schmid, Initiant von «Erlebnis Berufswahl», zwei angehende Maurer. Tim aus Schattdorf/UR und Reto aus Egerkingen/SO berichteten über ihren eigenen Berufswahlprozess und ihre bisherigen Erfahrungen in der Lehre.

 

Mit 5,8 in die Maurerlehre

Auch Thomas Stocker, Geschäftsführer des Campus Sursee und Gastgeber des Events, absolvierte mal eine Lehre als Maurer. «Ich musste aber dafür kämpfen», erzählte er den Lehrpersonen. «Ein Primarschüler mit einem Durchschnitt von 5,8 sollte etwas Besseres aus seinem Leben machen, fanden damals meine Eltern und mein Lehrer.» Doch der junge Thomas setzte sich durch und bereute seinen eingeschlagenen Weg keine Sekunde. Er erinnert sich sogar noch an seine erste Mauer, die er während der Lehre erstellte. «Das war am 4. Oktober 1981 in Beromünster, und sie steht heute noch», sagt er mit Stolz. Nach der Lehre liess sich Stocker in wenigen Jahren bis zum Baumeister weiterbilden.

Es kommt attraktiv daher und hat mich gluschtig gemacht. Ich werde gerne mit meinen Schülerinnen und Schülern ein paar Elemente ausprobieren.

Philipp Gisler
Klassenlehrer Sek Sursee

Profolio statt Berufswahltagebuch

Der Berufswahlprozess ist eine lange Reise. Und eine Reise, die in Zukunft wohl vermehrt digital stattfinden wird. Zum Beispiel mit Profolio, dem ersten digitalen Berufswahl-Lernmedium der Schweiz. Simon Schmid, sozusagen Erfinder dieses Instruments, zeigte auf, wie Lehrpersonen damit ihren Berufswahlunterricht gestalten können. Auch Eltern profitieren und erhalten wertvolle Tipps, wie sie ihre Kinder ab dem Eintritt in die Oberstufe im Berufswahlprozess begleiten können. Ein grosser Vorteil gegenüber analogen Instrumenten wie dem Berufswahltagebuch ist gemäss Schmid die Transparenz: «Eine Lehrperson sieht jederzeit, wo die Lernenden stehen, und kann sie entsprechend abholen.» Ein Plus sei zudem die Möglichkeit für die involvierten Parteien, direkt und schnell miteinander zu kommunizieren.

 

Kerzenhalter aus Beton

Im zweiten Teil gings auf einen Rundgang durch die Maurerlehrhallen. Von Geschäftsführer Patrik Birrer erhielten die Teilnehmenden einen Einblick in die Tätigkeiten auf der Baustelle und konnten zudem Lernende während ihres Qualifikationsverfahrens beobachten. Doch was wäre ein Besuch der Maurerlehrhallen, ohne selber Hand anzulegen? Unter Anleitung von aktuellen Lernenden durften die Teilnehmenden einen Kerzenhalter aus Beton giessen und letztlich mit nach Hause nehmen. Beim abschliessenden Apéro begann sogleich das Verarbeiten der zahlreichen Eindrücke. Angela Arnold, seit diesem Schuljahr Klassenlehrerin an der Sek Triengen, ist der Meinung, dass die Bauberufe ein besseres Image verdienen. Das will sie ihren Schülerinnen und Schülern in Zukunft denn auch vermitteln. Philipp Gisler, Klassenlehrer an der Sek Sursee, war in erster Linie gekommen, um Profolio kennenzulernen. Sein spontanes Urteil: «Es kommt attraktiv daher und hat mich gluschtig gemacht. Ich werde gerne mit meinen Schülerinnen und Schülern ein paar Elemente ausprobieren.»

Eine Lehrperson sieht jederzeit, wo die Lernenden stehen, und kann sie entsprechend abholen.

Simon Schmid
Initiant Profolio S&B Institut

Eine Karriere auf dem Bau hat viel zu bieten. Um Fachkräfte der Zukunft anziehen, ausbilden und in der Branche halten zu können, kommt den Bauunternehmen eine zentrale Rolle zu. Auf den Baustellen der einzelnen Firmen entscheidet sich, ob interessierte Talente bleiben und zu Leistungsträgern werden können. Viele Mitglieder des SBV machen hier einen tollen Job. In der Berufswerbungskampagne setzt der SBV bewusst auf gute Geschichten direkt aus den Unternehmen.  

 

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Petra Stocker

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