Die beispielhafte Karriere eines Maurerlehrlings

Marc Caille, Bauführer bei der Grisoni Gruppe, hat den schönen und imposanten Neubau des Bahnhofs Bulle geleitet. Er hat bereits mehr als 20 Jahre Berufserfahrung. Lernen Sie einen loyalen Fachmann kennen, der die Atmosphäre auf der Baustelle besonders schätzt.

 

«Hey, du hast den Gurt nicht angelegt. Entweder du gehst zurück hinter die Absperrung oder du legst jetzt den Gurt an.» Die Worte an den Arbeiter eines Zulieferers auf der Baustelle zum Ausbau des Migros-Einkaufszentrums in der Nähe des Bahnhofs sind bestimmt, aber respektvoll. «Ich bin ein wenig zu direkt, das gehört sowohl zu meinen Stärken als auch zu meinen Schwächen, aber der Umgang auf der Baustelle ist eher rau», sagt Marc Caille, als wir mit ihm über die Baustelle gehen. Der aus dem Greyerzerland stammende Caille ist für die Sicherheit bei den von ihm geleiteten Arbeiten verantwortlich, muss sich aber auch um andere Belange kümmern. «Ja, es ist eine anstrengende Arbeit, mit einer gewissen Belastung und Verantwortung, aber wenn man den Druck nicht aushält und keine Leidenschaft dafür hat, sollte man etwas anderes machen», erklärt uns der Mann, der auf ein Know-how von mehr als zwei Jahrzehnten in diesem Beruf zurückgreifen kann.

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Beginn der Karriere als Maurer

Caille wurde mit 16 Jahren von der Grisoni-Zaugg SA als Maurerlehrling eingestellt und ist seitdem ununterbrochen bei diesem Arbeitgeber beschäftigt. Er berichtet: «Pascal Doutaz, der langjährige Geschäftsführer des Unternehmens, ist ein Mann, der mir viel beigebracht hat, er brachte mir den Vertrag sogar persönlich nach Hause.» Caille hingegen musste sich eineinhalb Jahren nach dem Lehrabschluss neu orientieren, da er aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr in der Lage war, seine Arbeit ordnungsgemäss zu verrichten. «Ich entschied mich, Bauführer zu werden, und begann meine Ausbildung, als ich noch nicht einmal das gesetzliche Mindestalter erreicht hatte. Obwohl das Unternehmen an mich glaubte, wofür ich sehr dankbar bin, war ich noch etwas zu jung für einen Beruf mit solcher Verantwortung. Nachdem ich die Abschlussprüfung bestanden hatte, arbeitete ich ohne besonderen Druck und konnte in den folgenden Jahren verschiedene Niederlassungen (Domdidier, Vevey und Château-d'Œx) kennen lernen. Ich arbeitete zum Beispiel ein Jahr lang als Vermesser auf einer grossen Baustelle in Lausanne», erzählt Caille. «Dann kehrte ich nach Bulle zurück, wo ich seit 20 Jahren alle Arten von grossen Bauprojekten in der Region leite», fügt er an.

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Ihm fehlt die handwerkliche Tätigkeit

Caille kam durch seinen Vater, der zuerst Landwirt und dann Bauunternehmer war («er baute die Häuser von A bis Z»), zum Baugewerbe und da ihm der Beruf des Maurers sehr gefiel, bedrückt es Marc Caille manchmal, dass er nicht selbst Hand anlegen kann. «Ja, es juckt mich manchmal. Ich mag vor allem den technischen Teil der Baustelle. Vielleicht ist das der Grund, warum ich nie eine Meisterprüfung gemacht habe. Ich mag die Umgebung und die Menschen», sagte er. «Vor siebzehn Jahren habe ich zusammen mit meinem Vater und meinem Bruder, der damals Polier bei der Firma Grisoni war, mein Eigenheim vollständig selbst gebaut. Allerdings fühlte ich mich am Ende des Projekts sehr müde, da ich 100 Prozent arbeitete und privat noch einen 50-Prozent-Job hatte ...» Seitdem zieht er es vor, nur noch ab und zu handwerklich tätig zu sein und daneben ein wenig Sport zu treiben.

 

Ein Profi mit Blick auf die Zukunft

Caille ist ein sehr erfahrener Bauführer, der der Grisoni-Gruppe treu geblieben ist, aber er will nichts von Routine hören. «Jede Baustelle ist ein Prototyp und bringt andere Probleme mit sich. Ausserdem machen uns die technologischen Neuerungen wie die 3D-Steuerung, bei der mein Arbeitgeber ein Vorreiter war, oder der Theodolit das Leben sehr viel leichter und sind sehr interessant. Heute können Maschinenführer Erdarbeiten fast selbständig durchführen. Ausserdem entstehen neue Berufe und es kommen eine ganze Reihe von technischen Fachkräften hinzu. Schliesslich ist die handwerkliche Arbeit nicht mehr so hart wie früher, die Tätigkeiten des Berufs werden viel mehr unterstützt und schwere Lasten müssen nicht mehr so oft getragen werden», schwärmt der 45-jährige Freiburger.

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Die Rolle der Frauen auf dem Bau

Wird das Baugewerbe dadurch offener für Frauen? Caille ist skeptisch: «Die Arbeit als Hilfskraft oder Maurer ist immer noch körperlich anstrengend. Ein Mann und eine Frau sind einfach nicht gleich gebaut – das ist eine Tatsache. Daher ist es nicht immer einfach, sie in diesem Bereich zu integrieren. Frauen werden sich in der Betonverarbeitung wohler fühlen, wo sie in der Tat gut vertreten sind. Ausserdem bringen sie mehr ‹Feingefühl› auf eine Baustelle. Wenn wir nun von qualifizierteren Positionen wie der Bauleitung oder -Führung sprechen, werden diese zunehmend von Frauen besetzt und das ist gut so. Dies bringt eine etwas andere Dynamik in das Team und auch die Reaktionen auf der Baustelle sind nicht die gleichen, wenn sie von einer Frau geführt wird. Sie haben eine andere Art zu interagieren.» Der Baufachmann sieht jedoch ein weiteres Hindernis für den zunehmenden Zugang von Frauen zum Baugewerbe: die Teilzeitarbeit. «Auf und neben der Baustelle sind es eher die Frauen, die sich für diese Erwerbsart entscheiden. Als Bauführer ist es jedoch schwieriger, wenn man Teilzeit arbeitet, es sei denn, es handelt sich um eine 80-Prozent- oder 90-Prozent-Stelle. Es ist nicht einfach, die Überwachung der Baustelle auf mehrere Teilzeitkräfte zu verteilen.»

Um dem Mangel an Arbeitskräften im Baugewerbe entgegenzuwirken, wird es jedoch notwendig sein, die gleiche Innovationskraft und den gleichen Einfallsreichtum wie die Unternehmer an den Tag zu legen, um eine so wertvolle und wichtige Komponente wie die Frauen immer mehr einzubeziehen. Der SBV unterstützt seine Mitglieder bei der Erreichung dieses Ziels.

Über den Autor

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Pascal Gysel

Mediensprecher / Redaktor

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