Mehr Frauen gegen Fachkräftemangel

Auch auf dem Bau verschärft sich der Fachkräftemangel. Eine vielversprechendes Potenzial sind junge Frauen. Wie gewinnt man mehr weiblichen Nachwuchs für die traditionellen Männerberufe auf dem Bau?

Auch auf dem Bau verschärft sich der Fachkräftemangel. Eine vielversprechendes Potenzial sind junge Frauen. Wie gewinnt man mehr weiblichen Nachwuchs für die traditionellen Männerberufe auf dem Bau?

«Soziale Normen, also Erwartungen der Gesellschaft und des Umfeldes, was sich für einen Mann oder eine Frau gehört, sind noch immer stark vorherrschend», erklärt Patricia Palffy, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Zürich und am Leading House für Berufsbildungsökonomie. Sie widmet sich in Zusammenarbeit mit Prof. Uschi Backes-Gellner und Prof. Patrick Lehnert unter anderem der Frage, ob einfache Informationsmassnahmen die Berufswahl von Mädchen und Knaben beeinflussen können. «Junge Männer und Frauen stecken noch immer häufig in ihren Geschlechterrollen. Das schränkt sie in ihrer Berufswahl ein.»

Die Geschlechterrolle durchbrechen

Palffys Studie zeigt, dass man solchen Vorurteilen wirkungsvoll entgegenwirken kann. In Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungsportal yousty.ch hat sie untersucht, ob und wie Mädchen mit gezielten Informationen für männertypische Berufe begeistert werden können. Junge Frauen erhielten während ihrer Orientierung speziell auf sie zugeschnittene Informationen zu Technik- und Informatikberufen. «Die Resultate zeigen: Mädchen, die für sie relevantere Informationen erhielten, bewarben sich erheblich häufiger für vermeintliche Männerberufe», schlussfolgert die Forscherin. Und das Gute ist: «Nebenwirkungen» auf das andere Geschlecht gab es keine: Jungs wurden nicht abgeschreckt von den für Mädchen relevanteren Informationen.

Wie man(n) erfolgreich Werbung macht

Wie kann man männertypische Berufe nun dem anderen Geschlecht durch zugeschnittene Informationen öffnen? Beispielsweise helfen Darstellungen von weiblichen Vorbildern im Berufsalltag, damit sich junge Frauen besser mit einem Beruf identifizieren können. Dadurch sinkt das Risiko, dass sie sich nicht zugehörig fühlen und denken, die für den Beruf erforderlichen Eigenschaften nicht mitzubringen.

Zentral sind demnach auch nicht-stereotypische Beschreibungen des Berufes. Für den Informatikberuf wurden in der Studie beispielsweise Teamarbeit und sorgfältiges Arbeiten betont. Es wurden also gezielt jene Eigenschaften des Berufes hervorgehoben die tendenziell unbekannter sind, welche aber dem gängigen Rollenbild entgegenwirken und mit denen sich Mädchen stärker identifizieren können.

Grosses Potenzial für das Bauhauptgewerbe

Die Baubranche verfügt über zahlreiche Beispiele für erfolgreiche weibliche Fachkräfte, die als Vorbild für junge Frauen dienen können. Zudem bieten Bauberufe attraktive und vielfältige Eigenschaften für nicht-stereotypische Beschreibungen. Palffy ist überzeugt: «Mit einer adressatengerechten Kommunikation kann dieses Potenzial besser genutzt werden. Wichtig ist, dass ein realistisches Bild vermittelt wird, sowohl in der Berufswerbung als auch später in der berufspraktischen Realität.» Die beworbenen Eigenschaften des Berufes und der Betriebskultur müssen also auch gelebt werden. Dann bleiben junge Frauen über eine Schnupperlehre hinaus für eine Karriere auf dem Bau begeistert.

Starke Frauen auf dem Bau

Die Oktoberausgabe 2023 der Schweizerischen Bauwirtschaft beschäftigte sich mit dem Fokusthema «Frauen auf dem Bau» und zeigt mit zahlreichen Porträts, dass Frauen bereits heute erfolgreich auf dem Bau «ihren Mann» stehen.

Über den Autor

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Thomas Staffelbach

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