Mineure aus Leidenschaft

Bau der zweiten Röhre durch den Gotthard

Am Gotthard wird wieder gegraben und gebohrt. Ein multinationales Team von Tunnelbauern sprengt und bohrt sich durch den Berg und ermöglicht den Bau einer zweiten Röhre für den längsten Strassentunnel Mitteleuropas. Ein Besuch auf der eindrücklichen Baustelle tief im Berg.

 

 

«WUMM» - kurz lodert die Sprengschnur grell auf, dann lösen sich die Steine und Felsbrocken aus der Ortsbrust (vorderster Bereich des Tunnelvortriebs), der aufgewirbelte Staub verdeckt die Sicht. Die Sprengung ist gelungen, wieder sind gut 1.5 Meter gewonnen. Bauführer Andreas Baumann nickt anerkennend  - er ist zufrieden mit der Arbeit seines Teams, täglich gewinnt es mit Sprengungen 1 bis 3 Tunnelmeter. Als Bauführer im Einsatz für die Frutiger AG trägt er die Verantwortung für den konventionellen Vortrieb in den Losen 241 und 243 – sprich: für den Sprengvortrieb. «Bei beiden Losen gibt es maschinellen wie konventionellen Vortrieb», erklärt er. Während die konventionellen Arbeiten für das Los 243 bereits abgeschlossen sind, sind sie beim Los 241 noch voll im Gange.

 

 

Das Projekt im Überblick:

Bauherr: ASTRA

ARGE «secondo tubo»: Frutiger AG und Implenia AG
Vorlos: 243: Zugangsstollen und Logistikausbrüche Nord

Hauptlos 241:  Haupttunnel Nord: 7,2 km bis zur Losgrenze, Durchmesser 12,3 m

Bauzeit: 2021 – 2028

Mitarbeitende Frutiger 26 (10 Mann auf der TBM, 16 Mann im Sprengvortrieb)

Mitarbeitende Baustelle gesamt: rund 116 Personen

Nun schwingt sich Andreas Baumann auf den E-Scooter und fährt mit seinem Kollegen, Bauführer Hans-Jürgen Hasler von der Implenia, durch den Stollen tiefer in den Gotthard hinein, bis zur Position der mächtigen Gripper-Tunnelbohrmaschine. Dort, beim Los 243, machen sich die Mineure an der Tunnelbohrmaschine an die Arbeit. Sie sind bereits drei Kilometer tief im Berg. Der Bauführer ist dafür besorgt, dass die Arbeitssicherheit gewährleistet ist und der Vortrieb mit der erforderlichen Geschwindigkeit vorangeht.

 

 

 

Wie eine Familie

Als Bauführer muss er ein gewisses Durchsetzungsvermögen zeigen und unternehmerisch handeln, aber im Umgang mit den Mitarbeitenden auch respektvoll und einfühlsam sein. Im Team sind fast alle Wochenaufenthalter. «Das muss man mit dem Privatleben in Einklang bringen können», sagt Baumann. Das ASTRA stellt den Bauarbeitern ein Gebäude in Göschenen zur Verfügung, mit vielen Einzelzimmern,  zusätzlich gibt es einige angemietete Wohnungen, wo jeweils drei bis vier Bauarbeiter eine WG bilden. «Wir sind wie eine kleine Familie auf der Tunnelbaustelle hier», beschreibt Baumann. Entsprechend wichtig ist die Harmonie. «Ein solches Projekt kann nur realisiert werden, wenn alle mit Leidenschaft und viel Engagement dabei sind.» Auf der Gotthard-Baustelle finden sich Leute mit den unterschiedlichsten Werdegängen. «Es gibt alles, vom ehemaligen Bäcker bis hin zu Menschen aus Familien, die seit Generationen im Tunnelbau tätig sind», berichtet Andreas Baumann. Man sei Mineur aus Leidenschaft, sagt er. Er selbst kam zum Beruf, als er im Bauingenieurstudium die Vorlesungen zu Felsmechanik und Untertagebau besuchte. «Da wusste ich, dass ich in den Tunnelbau will», erinnert er sich. Und er weiss auch: «Bei unserem Beruf gibt es nur ganz oder gar nicht.»

Mineur und Maschine

Sein Unternehmen kriege viele Bewerbungen für den Posten als Mineur, der Beruf hat eine gewisse Strahlkraft, auch über die Landesgrenzen hinaus. Lockt der gute Lohn? Nur Geld reicht als Anreiz nicht, ist Baumann überzeugt. «Dafür ist die Arbeit zu streng.» Daran ändert auch nichts, dass der Beruf technischer geworden ist. SPS-Steuerungen und die computerbasierte Vermessung zeugen davon. Seit dem Bau der ersten Gotthardröhre (1970-1980) hat sich die Bautechnologie rasant weiterentwickelt. Erfolgte der Vortrieb damals rein konventionell mit Bohren, Laden und Sprengen, wird die zweite Röhre fast vollständig maschinell aufgefahren. «Früher war die Anzahl Mineure ausschlaggebend für die Geschwindigkeit», weiss Andreas.

 

 

Der Mechanisierungsgrad im Tunnelbau ist deutlich gestiegen. «Heute gibt es deutlich weniger Unfälle, die Arbeit wurde mit dem technischen Fortschritt sicherer», sagt Baumann auch. Mit der TBM macht das Baustellenteam zwischen 15 und 20 Meter täglich. Der Aufbau und die Bereitmachung der Maschine beansprucht viel Zeit. «Aber wenn sie läuft, dann ist sie schnell», sagt Baumann. Tunnelbauer stützen ihre Arbeit auf eine geologische Kartierung mit Informationen und Sicherungsklassen zum Gestein vor ihnen. Dennoch gehören auch Überraschungen dazu. «Wir wissen nie, was die nächste Sprengung bringt», sagt er. Das macht die Arbeit besonders spannend.

 

Die Arbeit von Tunnelbauern ist von vielen eindrücklichen Momenten geprägt. Das geht bereits vor der eigentlichen Arbeit mit der Anschlagsfeier und der Segnung der heiligen Barbara los. Auf das grösste Highlight, den Durchschlag, arbeiten sie fleissig hin. Ende 2026 soll es soweit sein, der Abschluss der Bauarbeiten erfolgt im Jahr 2028.

 

 

Eine Karriere auf dem Bau hat viel zu bieten. Um Fachkräfte der Zukunft anziehen, ausbilden und in der Branche halten zu können, kommt den Bauunternehmen eine zentrale Rolle zu. Auf den Baustellen der einzelnen Firmen entscheidet sich, ob interessierte Talente bleiben und zu Leistungsträgern werden können. Viele Mitglieder des SBV machen hier einen tollen Job. In der Berufswerbungskampagne setzt der SBV bewusst auf gute Geschichten direkt aus den Unternehmen.  

 

Hat auch Ihre Firma ein tolles Projekt für Lernende? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und schicken Sie Bilder und Inputs an [email protected] 

Über den Autor

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Petra Stocker

Kampagnenleiterin Berufsmarketing

[email protected]

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