«Mitarbeitende spielen bei Innovationen eine zentrale Rolle»

Technologie und Automatisierung sind wichtige Treiber für die Innovation. Aber der Mensch darf dabei keinesfalls vernachlässigt werden, sagt Professorin Gudela Grote, Expertin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich.

 

Die meisten Firmen wollen innovativ sein. Welche Rolle spielen Mitarbeitende dabei?

Innovation bedeutet für Unternehmen, neue und nützliche Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln. Menschen spielen dabei eine zentrale Rolle, weil sie kreativ sind und weil nur sie entscheiden können, was nützlich ist.

 

Wie sollten Baufirmen Innovation am besten vorantreiben?

Innovation sollte im Kleinen durch Förderung alltäglicher Lern- und Verbesserungsprozesse und im Grossen durch strategische technische und organisatorische Veränderungen betrieben werden. Innovation im Kleinen ist immer wichtig, da neuen Ideen der Mitarbeitenden Raum gegeben werden sollte und dadurch das Unternehmen auch in Bewegung bleibt. Grosse technische und organisatorische Innovationen braucht es sporadisch, in einem ersten Schritt vielleicht jeweils eher als kleineres Experiment, wie Einsatz einer neuen Arbeitsmethode oder einer neuen technischen Verfahrensweise in einzelnen Projekten, bevor entschieden wird, Veränderungen durchgängig einzuführen.

 

Wie sollen Unternehmen vorgehen, um ihre Mitarbeitenden in den Innovationsprozess einzubinden?

Innovation im Kleinen sollte alltäglich und normal für Alle sein, dadurch steigt die Bereitschaft, sich auch bei grösseren Innovationsprozessen zu engagieren. Ausserdem ist es zentral, dass die Planung und Durchführung von Veränderungen für die Mitarbeitenden transparent ist und ihre Ideen wie auch Befürchtungen ernstgenommen werden.

 

Zurzeit ist viel von Künstlicher Intelligenz (KI) und Automatisierung in der Arbeitswelt die Rede. Was sollte bei all diesen Themen nicht vernachlässigt werden?

Jeglicher Einsatz neuer Technologien verändert die Arbeit der beteiligten Menschen. Je mehr bereits frühzeitig überlegt wird, wie neue Aufgaben der Beschäftigten gestaltet werden sollen und wie die Beschäftigten die dafür nötigen Kompetenzen erwerben können, desto reibungsloser wird die Einführung von technischen Neuerungen gelingen.

 

Sind innovative Firmen gegenüber solchen, die es weniger sind, konkurrenzmässig im Vorteil?

Eindeutig, denn innovative Firmen sind besser für Veränderungen in ihrem Umfeld gewappnet, zum Beispiel bezüglich veränderte Kundenanforderungen oder neuer technischen Möglichkeiten. Sie nehmen auch eher Veränderungen vorweg, statt nur zu reagieren.

 

Besteht eine Gefahr bei zu viel Innovation?

Durchaus. Eine Gefahr kann sein, dass Mitarbeitende die Orientierung verlieren und sich im Unternehmen nicht mehr heimisch fühlen. Um das zu verhindern, sollen Innovationsprozesse systematisch eingeleitet, durchgeführt und auch zu Ende geführt werden, bevor neue Veränderungen ins Auge gefasst werden.

 

Weshalb sollten die drei Komponenten «Mensch, Technologie und Prozess» stets im Einklang sein?

Auch bei viel Technologieeinsatz sind es die Menschen, die die Technik planen, überwachen und instandhalten. Damit sie das möglichst gut tun können, müssen Arbeitsprozesse und die Rolle des Menschen in diesen Prozessen sorgfältig geplant werden. Sonst werden Menschen unter Umständen für Prozesse verantwortlich gemacht, die sie nicht ausreichend kontrollieren können, beispielsweise wenn Bauprozesse, sei es physische oder Planungsprozesse, automatisch ausgeführt werden und nicht hinreichend transparent für die Beschäftigten sind.

 

Wie wichtig ist – bei aller Innovation auf dem immer dynamisch werdenden Arbeitsmarkt – letztlich der Mensch?

Technische und organisatorische Veränderungen sind nur erfolgreich, wenn alle betroffenen Personen innerhalb eines Unternehmens – und bei stark vernetzten Arbeitsprozessen wie im Bau auch in anderen relevanten Unternehmen – in die Planung und Umsetzung einbezogen und auf ihre neuen Rollen vorbereitet werden.

 

Werner Schüepp

Zur Person

Gudela Grote, in Wiesbaden geboren, studierte Psychologie an der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Universität Berlin. Von 1984 bis 1987 war sie Doktorandin am Georgia Institute of Technology in Atlanta. 1988 kam sie zur Eidgenössischen Technische Hochschule Zürich und wurde dort vier Jahre später Assistenzprofessorin. 1996 habilitiere sie an und wurde ein Jahr später an der ETH außerordentliche Professorin. Seit September 2000 ist sie dort ordentliche Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie im Departement Management, Technology and Economics. 

Über den Autor

pic

Schweizerischer Baumeisterverband

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