Baumaterial: teuer und rar

Teures Baumaterial und Lieferengpässe beeinträchtigen die Baustellen. Wie kann man mit der Situation umgehen?

Die Corona-Pandemie hatte zunächst die globalen Lieferketten durcheinander gewirbelt. Die rasche konjunkturelle Erholung auf der ganzen Welt sorgte dafür, dass auch Unternehmen in der Schweiz mit Lieferschwierigkeiten konfrontiert wurden. Seit Juni 2021 leidet mehr als die Hälfte der Schweizer Baufirmen darunter, dass Baumaterialien teilweise nicht wie vorgesehen verfügbar sind. Sie kämpfen mit Terminverzögerungen und Preiserhöhungen. Manches Bauprojekt wird deshalb eventuell nicht fristgerecht fertiggestellt.

Die Preise in der Schweiz haben sich je nach Baumaterial unterschiedlich stark entwickelt. Die Preise für Materialien des Massivbaus – Sand und Kies, Backsteine, Zement und Beton – blieben relativ stabil. Die grosse Ausnahme ist Stahl. Stahl weist die grösste Preiserhöhung auf, er hat sich im Laufe des Jahres 2021 um 70% verteuert. Aber auch Holz und auf Erdöl basierende Kunststoffrohe sind deutlich kostspieliger. Angesichts der sehr raschen, unvorhersehbaren Preisentwicklungen sind Preisindizes methodenbedingt weniger zuverlässig.

Corona-Peitsche und Ukraine-Krieg verteuern Material

Die Preisanstiege werden mit dem «Peitschen-Effekt» erklärt: wegen der Pandemie brach zunächst die Nachfrage ein, so dass anschliessend das Angebot gesenkt wurde. Als sich die Nachfrage anfangs 2021 weltweit überraschend stark erholte, stiegen die Preise in die Höhe. Die Produktion kann jedoch nicht in gleichem Masse wieder ausgeweitet werden. Die Nachfrager können die künftige Preisentwicklung schlecht abschätzen und sie haben vorsorglich noch mehr Material bestellt, wodurch sie weitere Preisschübe auslösten. Der Krieg in der Ukraine und die weltweiten Sanktionen gegen Russland haben die Preise ab Anfang März zusätzlich steigen lassen.

Je stärker ein Baumaterial im Aussenhandel involviert ist, desto eher ist es den internationalen Preisschwankungen ausgesetzt. Backsteine, Zement und Beton werden vor allem im Inland produziert. Diese Baustoffe haben sich zwar ebenfalls etwas verteuert, weil ihre Herstellung Energie benötigt. Die Energieträger wie etwa Öl und Gas werden aber ebenfalls aus dem Ausland eingeführt.

Stahl besonders exponiert

Stahl, welcher in der Schweiz im Vergleich mit den anderen Baumaterialien die grösste Preiserhöhung aufweist, wird zur Hälfte aus dem Ausland importiert. Damit reagiert Stahl empfindlicher auf die internationalen Lieferengpässe und Preisbewegungen, was wiederum die Kosten für den Stahl in der Schweiz beeinflusst.

Die Ukraine und Russland sind im globalen Massstab wichtige Lieferanten von Stahl. Das grösste europäische Stahlwerk in der Ukraine wurde zerstört, auf russischen Stahl wurden Importverbote verhängt. Manche anderen europäischen Stahlwerke haben sich vorübergehend aus dem Markt zurückgezogen, weil sie die hohen Energiekosten für die Stahlproduktion nicht mehr finanzieren konnten. Sie kehren nun schrittweise in den Markt zurück und bieten ihre Produkte wieder an. Es wird daher einige Monate dauern bis ihr Ausfall durch Lieferungen aus anderen Staaten kompensiert werden kann und sich die Lage normalisiert.  Am Markt herrscht grosse Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Bewehrungsstahl. Lieferverzögerungen oder gar Baustopps sind nicht auszuschliessen.

Preise kurzfristig hoch, aber volatil

Obschon die Preisprognosen aufgrund der geopolitischen Spannungen einer sehr hohen Untersicherheit unterliegen, gehen sie davon aus, dass die internationalen Preise für Stahl und Energie kurzfristig volatil und hoch bleiben. Der Preis für Bauholz hingegen könnte 2022 tendenziell weiter steigen und stark schwanken. Lieferengpässe bleiben in der Schweiz ein Risiko. Es kann zu Verzögerungen oder gar Schliessungen von Baustellen kommen.

Der SBV empfiehlt seinen Mitgliedern bei Preisverhandlungen mit Lieferanten allfällige Zuschläge und Gebühren miteinzuschliessen. Teuerungsklauseln (wie z.B. Zuschläge) in Lieferverträgen (Unternehmer – Lieferanten) sollten sie nur akzeptieren, wenn diese auf den Bauherren überwälzt werden können. Zudem sollte man keine Werkverträge (Unternehmer – Bauherr) mit Teuerungsausschlüssen akzeptieren, weil die Teuerungsrisiken zurzeit nicht abschätzbar sind. Eine mögliche Lieferverzögerung sollte das Bauunternehmen dem Bauherren anmelden, um ohne Kostenfolge über Fristen verhandeln zu können.

Unterstützung für Mitglieder

Gesicherte Informationen zu erhalten ist in aktuell schwierig. Der SBV unterstützt seine Mitglieder mit regelmässigen Empfehlungen. In einem Brief an den Bundesrat fordert der Verband die Anerkennung dieser ausserordentlichen Lage. Er hat zudem ein Gesprächsforum für gemeinsame Lösungen angeregt. SBV-Mitgliedern wird empfohlen, keine Offerte zu Fixpreisen abzugeben und nur die geltenden Teuerungsregeln zu akzeptieren. Für unfaires Verhalten verweist der SBV auf die Möglichkeit, diese auf der Onlineplattform Mastermind zu melden.

Über den Autor

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Luiza Maria Maniera

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