«Eine grossartige Errungenschaft der Baubranche»

20 Jahre FAR – im Interview blickt Ulrich Widmer, Präsident der Stiftung FAR, nicht nur zurück, sondern auch nach vorne.

 

 

Am 1. Juli 2003 trat der flexible Altersrücktritt FAR in Kraft, nachdem er am 5. Juni 2003 vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Nun feiert er sein 20-Jahres-Jubiläum – warum ist es nach wie vor wichtig, dass die Arbeitnehmenden des Bauhauptgewerbes ab dem 60. Lebensjahr vorzeitig in Rente gehen können?

Die Leute vom Bau sind enorm gefordert in ihrem Arbeitsumfeld; müssen jeden Tag liefern, bei jeder Witterung, überall. Diese Leute haben es verdient, nach 40 – bis 45 Jahren Bauarbeit und stetigem Druck entlastet zu werden.

 

Wie viele FAR-Renten wurden in den vergangenen 20 Jahren ausbezahlt?

In den 20 Jahren ihrer Tätigkeit konnte die Stiftung FAR mehr als 26 800 Renten bewilligen. Die Stiftung FAR zählt heute über 82 000 Versicherte. Jährlich werden rund 1500 neue Renten bewilligt. Die Zahl wird steigen, kommen doch in den nächsten Jahren die Babyboomer ins Pensionsalter.

 

Der FAR ist grosszügiger als die staatliche Rente, wie ist das möglich?

Das sehr hohe Leistungsniveau in der Stiftung FAR ist einzigartig. Schweizweit gilt die Regel: Wer sich frühzeitig pensionieren lässt, erhält eine tiefere Rente, als wenn er mit 65 Jahren in den Ruhestand tritt. Auf dem Bau ist es gerade umgekehrt. Wer früher in Rente geht, erhält mehr als später mit den staatlich finanzierten Renten. Wie bei der AHV werden die Leistungen der Stiftung FAR im Umlageverfahren finanziert. Dies bedeutet, dass die Leistungen eines Jahres möglichst mit den Beiträgen dieses Jahres bezahlt werden. Damit bei einem kurzfristigen Übersteigen der Ausgaben über die Beiträge keine Zahlungsunfähigkeit eintritt, braucht es einen finanziellen Puffer.

Die Stiftung FAR wendet dabei das Rentenwertumlageverfahren an: Die von Rentnern erworbenen Ansprüche (Rentenleistungen, Altersgutschriften für Pensionskasse) werden bei der Entstehung für die ganze Laufzeit abdiskontiert und vollumfänglich im Deckungskapital abgesichert. Diese Sicherheiten zu erreichen, und dieses grosszügige Vorruhestandsmodell zu halten, bildet eine enorme Herausforderung, der wir uns heute und in Zukunft stellen müssen.

Alle im Geltungsbereich des GAV FAR tätigen Arbeitnehmenden müssen aus diesem Grund Beiträge leisten, aber nur ein Teil erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen. Einige verlassen vor dem sechzigsten Altersjahr die Branche, entwickeln sich beruflich in nicht mehr beitragspflichtige Funktionen weiter oder erfüllen die Voraussetzungen aus anderen Gründen nicht. Für diese Arbeitnehmenden stellen die Beiträge Solidaritätsleistungen für ihre Kolleginnen und Kollegen dar.

 

Beim GAV FAR spannen unterschiedliche Sozialpartner zusammen. Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgebern und den Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmenden?

Ich bin erst seit kurzer Zeit Teil dieses Stiftungsrates. Als Präsident seitens der Arbeitgeber erlebe ich die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in Unia, Syna und Baukader Schweiz bisher als ausserordentlich konstruktiv und sehr professionell. Wir ziehen hier am gleichen Strick, arbeiten für die gleiche Sache, nämlich unseren Arbeitern ihren verdienten Ruhestand zu ermöglichen. Das ist Teil meiner Motivation, beim FAR aktiv mitzumachen.

 

Was war die Motivation, das Präsidium der Stiftung FAR zu übernehmen?

Der frühzeitige Altersrücktritt FAR ist eine einmalige, im Grunde grossartige Errungenschaft der Baubranche, ihren treuen Arbeitern etwas zurückzugeben. Sie haben das ganze Leben gekrampft, bei Wind und Wetter, draussen bei Nässe und Kälte, Hitze und Staub, Lärm und Verkehr. Das motivierte mich, mich für diese enorm geforderten und exponierten, tollen Menschen, welche letztendlich unsere gesamte Infrastruktur erstellen, einzusetzen.

 

Über den Autor

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Susanna Vanek

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