Finanzen: Dank einigen Tipps werden sie nicht zur Baustelle

Die Bau-KMUs müssen grosse finanzielle Risiken und Investitionen stemmen, trotz einer kleinen Marge. Deshalb ist es wichtig, dass sie die Finanzen im Griff haben. Der Finanzexperte Thomas Röck erläutert, worauf die Verantwortlichen achten sollten.

Die Bau-KMUs müssen grosse finanzielle Risiken und Investitionen stemmen, trotz einer kleinen Marge. Deshalb ist es wichtig, dass sie die Finanzen im Griff haben. Der Finanzexperte Thomas Röck, der kürzlich in die Baubranche wechselte, erläutert, worauf die Verantwortlichen achten sollten.

Der Arbeitsbeginn bei Rothpletz Lienhard im letzten September 2021 war für ihn der Eintritt in eine neue Welt: Thomas Röck war vorher in verschiedenen Funktionen als CFO bei Unternehmen der Migros tätig gewesen. Die Baubranche findet der Quereinsteiger aber faszinierend. Angestellt wurde er von Rothpletz, Lienhard +Cie, weil das Unternehmen den Finanzen künftig mehr Bedeutung beimessen möchte. Deshalb holte es einen erfahrenen Profi an Bord. «Bei der Migros Food Logistik, seiner letzten Funktion innerhalb der Migros, sind im Finanz- und Buchhaltungsbereich die Prozesse gut strukturiert und standardisiert. Der Geschäftsgang ist sehr vorhersehbar, zudem sind stets genügend liquide Mittel vorhanden», erläutert er im Gespräch.

Die Baubranche kennt hier viel grössere Schwankungen bei Umsatz und Auslastung. Ein KMU aus dem Baubereich sollte, um den finanziellen Spielraum bei grossen Bauprojekten zu erweitern, frühzeitig mit den Banken zusätzlich Rahmenkreditlimiten vereinbaren, die dann bei Bedarf situativ beansprucht werden können. Ein Bau-KMU müsse in der Lage sein, schnell bedeutende Geldsummen für grosse Bauprojekte (Vorschüsse) verfügbar zu machen.

Reserven bilden

Es sei von Vorteil, wenn Bauunternehmen in mageren Jahren auf Reserven zurückgreifen könnten und nur bedingt die Kreditlimite ausreizen müssten, meint Röck. Dies bedeutet, dass das Tagesgeschäft in guten Jahren entsprechende Gewinne abwerfen muss. Ein Controlling der Jahresrechnung sei wichtig, denn: «Desto mehr Liquidität und Substanz ein KMU hat, umso risikofähiger wird es und ist in der Lage, grössere Bauprojekte zu bewältigen. Ausserdem wird es als ARGE-Partner attraktiver.»

Wissen, was wieviel kostet

Fahrzeuge und Maschinen, aber auch die geleisteten Arbeitsstunden, so Röck, müssten sauber auf Projekte verrechnet werden. Überhaupt ist das Wissen um die Rentabilität der einzelnen Bauprojekte, aber auch die Rentabilität der Maschinen des Inventars wichtig, gerade wenn es darum geht, über anstehende Neu- oder Ersatzinvestitionen entscheiden zu müssen. «Wobei ich als Finanzverantwortlicher die Situation aus einem finanziellen Blickwinkel beurteile und meine Kollegen aus der Geschäftsleitung hier verstärkt die betrieblichen Anforderungen vertreten. Aber genau das führt schlussendlich dazu, dass ein guter Entscheid gefällt wird», meint Röck.

Bei Investitionsfragen empfiehlt Röck, ab einer bestimmten Summe, die Durchführung einer Investitionsrechnung über die geplante Nutzungsdauer, um sicher zu stellen, dass die Investition eine entsprechende Rendite erzielt. Dauert es zu lange, bis die Investitionsausgaben zurückgeflossen sind, ist von der Investition abzusehen.

Desto mehr Liquidität und Substanz ein KMU hat, umso risikofähiger wird es und ist in der Lage, grössere Bauprojekte zu bewältigen. Ausserdem wird es als ARGE-Partner attraktiver.

Thomas Röck
Finanzexperte Rothpletz, Lienhard +Cie

Soviel wie nötig

Röck empfiehlt Bau-KMUs ab einer bestimmten Grösse die «Ordentliche Revision» als Revisionsstandard, um die Aussagekraft der Finanzzahlen zu stärken. Dafür muss allerdings ein IKS (Internes Kontrollsystem) aufgebaut werden. Eine Frage, die sich die Verantwortlichen von Bau-KMUs, je nach Grösse und Komplexität des Unternehmens, stellen sollten, ist die, ob sie nicht eine Betriebsbuchhaltung einführen sollten oder ob eine einfache Finanzbuchhaltung wirklich genüge. Der Vorteil der Betriebsbuchhaltung (mit Kostenstellen und Deckungsbeitragsrechnung) sei es, dass man die Kosten der einzelnen Abteilungen transparent überwachen kann und die Rentabilität der Projekte und des Maschinenparks klar erkennen könne.

Macht es Sinn?

Wichtig ist, dass die finanziellen Zielsetzungen (Wachstum, Rentabilität, Investitionsvolumen) aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden können. Daraus ergeben sich die Rahmenbedingungen für einen mittel- bis längerfristigen Entwicklungsplan (Businessplan), aber auch für das Investitions- und Erfolgsrechnungs-Budget des nächsten Jahres. «Für das Baugewerbe ist das Erstellen eines Budgets anspruchsvoll, weil man häufig noch nicht weiss, an welchen Projekten man in der kommenden Periode arbeiten wird, da oft die Vergabe-Entscheidungen aus den Submissionen noch offen sind», meint Röck. «Alternativ könnten die Geschäftszahlen auch mit den Vorjahreszahlen verglichen werden.» Trotzdem denkt er, dass ein Budget Vorteile bieten würde, weil es ein Controlling und damit eine Abweichungsanalyse ermögliche. Die Verantwortlichen würden stets sehen, ob sich ein Betrieb auf der Zielgerade befindet oder ob noch Korrekturmassnahmen notwendig sind.

Eine weitere Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Gewinnverteilung. Dabei ist es wichtig ein Gleichgewicht für die Verteilung zwischen Mitarbeitenden, Eigentümern und Substanzbildung in der Firma zu finden. «Es gibt KMUs, die ihre Mitarbeitenden am Erfolg beteiligen. Das ist lobenswert – genauso wichtig ist es aber, Gewinne mit einem Gewinnvortrag in der Firma zu behalten und damit das Eigenkapital zu stärken oder Reservepositionen, z.B. Arbeitgeberbeitragsreserven für die Firmenbeiträge in die Pensionskasse, zu bilden. Auf diese Reserven kann man dann in schlechteren Jahren zurückgreifen.» So könnten Durststrecken ohne Personalabbau überbrückt werden. «Qualifizierte Fachkräfte müssen unbedingt gehalten werden», weiss Röck, «weil sie sonst bei der Ausführung von wichtigen Projekten (Knowhow und Referenzen) fehlen. Und bei der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt haben es Bau-KMUs ohnehin schwer, Fachleute zu finden.»

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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