Bekenntnisse zum bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrswege

In einer langen Debatte befasste sich der Nationalrat in der Sommersession mit Milliardenkrediten für die Schweizer Nationalstrassen. Der Präsident von Infra Suisse, Nationalrat Christian Wasserfallen, ordnet ein.

In einer langen und emotionalen Debatte befasste sich der Nationalrat in der Sommersession mit Milliardenkrediten für die Schweizer Nationalstrassen. Nur kurz darauf eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Zahlungsrahmen 2025-2028 für die Bahninfrastruktur. Der Präsident von Infra Suisse, Nationalrat Christian Wasserfallen, ordnet ein, was diese Geschäfte für die Schweizer Infrastrukturbauer bedeuten.

Der zweckmässige Strassenausbau ist im Sinne der Wirtschaft und der Gesellschaft

«Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten» lautet ein Zitat von Daniel Goeudevert, welches gerade von links-grünen Kreisen regelmässig bemüht wird, wenn es um den Ausbau der Strassen geht. Bei der Debatte um den Zahlungsrahmen für den Unterhalt, den Betrieb und die Anpassungen der Nationalstrassen kam man nicht darum herum. Ich nehme es aber gleich vorweg: Es ist schlicht falsch.

Wenn man die Zahlen detailliert betrachtet, die vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) veröffentlicht werden, stellt man fest, dass beispielsweise auf der Achse des Bareggtunnels die Verkehrszahlen vor allem vor der Eröffnung wesentlich anstiegen. Das Gleiche ist beim Sechsspurausbau Härkingen – Gunzgen – Wiggertal der Fall: Dort sieht man, dass die Verkehrszahlen seit dem Jahr 2015 stabil bleiben. Im Vergleich zum Bevölkerungswachstum ist das Verkehrsaufkommen an neuralgischen Punkten unterdurchschnittlich gewachsen. Das heisst mit anderen Worten, dass eine bestehende Verkehrsspitze tatsächlich mit einer bedarfsgerecht ausgebauten Infrastruktur aufgefangen werden kann. Das Motto lautet deshalb «Wer Strassen zweckmässig baut, steht weniger im Stau».

Inhalte des Geschäfts

Der Nationalrat hat 8.8 Milliarden Franken für den Unterhalt, den Betrieb und Anpassungen der Nationalstrassen sowie 5.265 Milliarden Franken für punktuelle Ausbauprojekte bewilligt. Dabei ist es wichtig, zu wissen, dass die Strasseninfrastruktur, insbesondere die Nationalstrasseninfrastruktur, stetiger Verbesserungen bedarf. Ist das nicht der Fall, drohen uns Verhältnisse wie in anderen Ländern. Bei den Neuprojekten wurde auf Antrag der zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N), welcher ich angehöre, das Projekt «Le Vengeron – Coppet – Nyon» aufgenommen. Die anderen Projekte befinden sich in den Kantonen Bern (Abschnitte Wankdorf – Schönbühl und Schönbühl – Kirchberg), St. Gallen (dritte Röhre Rosenbergtunnel), Basel-Stadt und Basel-Landschaft (Rheintunnel) sowie Schaffhausen (zweite Röhre Fäsenstaubtunnel).

Selbstverständlich müssen alle Projekte einerseits klaren Wirksamkeits- und Zweckmässigkeitsüberprüfungen standhalten. Andererseits werden diese Projekte erst ausgeführt, wenn sie reif sind für die Umsetzung. Diese Reife muss jedes Projekt haben, damit es letztendlich durch das ASTRA ausgeschrieben werden kann. In der Botschaft wurde das Kosten-/Nutzen-Verhältnis von Seiten des Bundes mit dem Faktor 2.24 definiert. Das heisst: Wenn man einen Franken investiert, fliessen 2.24 Franken an volkswirtschaftlichem Effekt zurück.

Cargo-Velos als Alternative?

Eine konstante Minderheit im Rat wollte grundsätzlich auf einen Kapazitätsausbau verzichten und somit die Neubauprojekte im Nationalstrassenteil verhindern. Die obenstehend erläuterte Wirksamkeitsbetrachtung wäre damit völlig ausgehebelt worden. Absurd war insbesondere die Argumentation, dass man die Kapazitäten beispielsweise mit Cargo-Velos kompensieren könne. Was die Nationalstrassen betrifft, fehlten damit definitiv die Alternativen: Das Nationalstrassennetz betrifft eine andere, übergeordnete Ebene. Höhere Geschwindigkeiten, längere Distanzen und viel höhere Transportgewichte sind nicht mit Cargo-Velos abzufangen.

Strasse und Schiene, oder konkret motorisierter Individualverkehr und öffentlicher Verkehr, dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!

Kein Ausspielen von Strasse und Schiene

Im Parlament engagierte ich mich deshalb für ein Anliegen, das wir mit dem Verband vertreten: Strasse und Schiene, oder konkret motorisierter Individualverkehr und öffentlicher Verkehr, dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden! Es braucht im Sinne der Multimodalität beides. Nur dies ist nachhaltig, wenn man alle drei Dimensionen der Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt betrachtet.

Sehen wir es doch ein: Es wird zu Landverbrauch kommen, ja. Ich habe aber den Rat aufgefordert, dieses «Totschlagargument» nicht anzuwenden. Wenn man es nämlich konsequent einsetzen würde, müsste man auch bahnseitig an diesem Prinzip festhalten. Erwähnt seien an dieser Stelle beispielsweise der dringend notwendige Ausbau der Strecke Freiburg – Lausanne, die Vollendung der Bahnausbauschritte zur Umfahrung Olten oder den Ausbau der Linie Zürich – Winterthur – St. Gallen. Auch diese Erweiterungen werden nicht ohne zusätzlich beanspruchtes Land auskommen. Die Bahn 2000 hat aber gezeigt, dass ein minutiös geführtes Geschäft wie die Schnellstrecke zwischen Härkingen und Rothrist realisiert werden konnten. Dank Kompromissen und Gesprächen mit den Grundeigentümern. Und dank einer detaillierten Kosten-/Nutzen-Analyse. Eben unter Betrachtung aller drei Dimensionen.

Das Schienennetz braucht Investitionen zum Substanzerhalt

Infra Suisse wird sich deshalb weiterhin für zweckmässige, bedarfsgerechte und faire Lösungen zum Unterhalt, Betrieb und Ausbau der Verkehrswege einsetzen. Wir begrüssen die Absichten des Bundesrats, die mit der Botschaft zum Zahlungsrahmen 2025-2028 für den Bahnausbau vorgelegt wurden. Mit diesem Zahlungsrahmen wird sichergestellt, dass die Substanz des guten Schweizer Schienennetzes erhalten bleibt und Bahnhöfe, Gleise, Tunnel, Brücken und Sicherungsanlagen saniert werden können.

Die Botschaft werden wir in ihrer Vernehmlassung detailliert analysieren und kommentieren. Die Ausgaben sollen vollumfänglich aus dem Bahninfrastrukturfonds des Bundes finanziert werden. Dies sind die richtigen Mittel für diese Investitionen. Wir werden jedoch ganz genau hinschauen, wenn seitens des Bundes «vorläufig alle Massnahmen, die für den Betrieb und Substanzerhalt nicht dringend sind, zeitlich zurückgestellt» werden, wie der Bundesrat schreibt. Diese Einordnung muss zwingend auf sachlicher Ebene vorgenommen werden. Für die Teuerung dürfen nicht die Unternehmen büssen müssen.

Generell gilt: Wer nutzt, soll mitfinanzieren

Dieses Credo bringt Infra Suisse in einem weiteren Geschäft, welches aktuell diskutiert wird, ein: Bei der Aufhebung der Befreiung der Elektromobile von der Automobilsteuer bringt sich Infra Suisse zusammen mit den Partnern des SBV und strasseschweiz ein. Wir stehen ein für eine Mobilitätspolitik, die bezüglich Verkehrsmittel und Antriebe neutral ist. Elektrofahrzeuge sollen unserer Ansicht nach im Import steuerlich gleich behandelt werden wie sämtliche andere Fahrzeuge – Hybrid, Wasserstoff etc. inklusive.

Wir sind jedoch dezidiert dagegen, dass die Steuer nicht zur nutzergerechten Finanzierung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF), sondern für den allgemeinen Staatshaushalt eingesetzt werden sollen. Die Einlagen aus der Mineralölsteuer in den NAF um ca. 10% zu kürzen, um damit die allgemeine Bundeskasse zu entlasten, ist inkonsequent und falsch. Damit würden dem NAF ziemlich genau diejenigen Gelder vorenthalten, die durch die Wiedereinführung der Importsteuer dazugewonnen würden.

Infrastruktur in der Schweiz

Ob im Verkehr, bei den Stromnetzen oder beim Mobilfunk, die Schweizer Infrastrukturen müssen verlässlich verfügbar sein, damit sie ihre Funktion erfüllen können. Der SBV tritt für eine zukunftstaugliche Weiterentwicklung und Finanzierung der Programme der Infrastrukturen ein. Erfahren Sie mehr zu den Forderungen in der Agenda 125.0.

Über den Autor

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Adrian Dinkelmann

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