Corona in der EU – keine langfristigen Auswirkungen auf die Baubranche Die Pandemie hat die Bauaktivität in vielen EU-Ländern nur wenige Quartale lang beeinträchtigt. Die Produktion hat sich rasch erholt. In den nächsten Quartalen belasten hohe Baukosten und gestiegene Zinsen die Bauwirtschaft. Mittwoch, 21.6.2023 | 07:30 ... Schweizerischer Baumeisterverband Baumeister 5.0 Konjunktur und Statistiken Zahlen und Fakten Corona in der EU – keine langfristigen Auswirkungen auf die Baubranche Mithilfe der Grafik unten navigieren Sie durch die Geschichte. Klicken Sie auf die Ziffern. 1 1 2 2 3 3 4 4 1. Corona kein Game Changer in der europäischen Bauwirtschaft Die europäischen Länder sind recht unterschiedlich durch die Corona-Pandemie und die Zeit danach gekommen. Die Krise hat im 2. Quartal 2020 stark durchgeschlagen, in Frankreich, Italien und Irland ist die Produktion der Baubranche jeweils um gut 30% abgesackt. Die meisten Länder in der EU konnten sich jedoch rasch erholen, oft hat sich die Produktion schon im dritten oder vierten Quartal desselben Jahres bereits normalisiert. Malta und Rumänien gelang es sogar, ihr Vor-Krisen-Produktionsniveau mehr oder weniger durchgehend aufrecht zu erhalten. Die Corona-Krise scheint die längerfristigen Trends in den meisten EU-Staaten nicht wesentlich beeinflusst zu haben. In Spanien hat die Produktion seit 2019 in fast jedem Quartal abgenommen. Selbst der EU- Wiederaufbaufonds, bei dem die EU 750 Milliarden Euro an Fördermitteln und Krediten an seine Mitgliedsländer zwecks Konjunkturstimulierung verteilt, hat Spanien nicht auf die Sprünge geholfen. Über 1'500 ausgeschriebene öffentliche Bauprojekte allein im Jahr 2022 haben keinen Zuschlag erhalten, weil sie der spanische Staat zu solch tiefen Preis ausgeschrieben hat, dass die Baufirmen nicht mal ihre Kosten damit hätten decken können. Am anderen Ende der Skala bewegt sich Rumänien, das in den letzten Quartalen eine starke Zunahme an Baugesuchen und -projekten verzeichnet hat. × 2. Mehrheit der EU-Staaten hat Bauproduktion ausgeweitet Eine der wenigen Ausnahmen ist Italien. Die Baubranche schien dort 2019 auf einem Abwärtspfad zu wandeln, aber die Branche konnte sich sehr schnell nach Corona erholen. Das Land ist ein grosser Gewinner der EU-Konjunkturgelder, so dass sich der Aufwärtstrend auch in Zukunft fortsetzen dürfte. Im Grossteil Europas konnte die Bauproduktion zwischen 2019 und 2022 ausgeweitet werden. Griechenland etwa beklagt einen Mangel an Fachkräften, um alle Bauprojekte abwickeln zu können. In 10 der 27 EU-Länder bewegt sich die Produktion aktuell jedoch unter dem Niveau von 2019. Diese Länder konnten nach dem tiefen Einschnitt nach dem Corona-Impakt im zweiten Quartal 2020 ihre Produktion nicht deutlich ausweiten. Das Baumaterial und die Energiekosten haben sich im Zuge der globalen Konjunkturerholung im Laufe des Jahres 2021 verteuert. Der Krieg in der Ukraine hat ab dem Frühling 2022 die Tendenzen verschärft. × 3. Enormer Preisschub Anfangs 2021 sprang die weltweite Nachfrage wieder an, aber die Produktionsketten wurden von Corona derart durchtrennt, dass das Angebot deutlich langsamer in Fahrt kam. Das Resultat waren steigende Preise für Energie, Baumaterial und andere Güter. Die Inflation erreichte in manchen EU-Ländern den zweistelligen Prozentbereich. Der Ukraine-Krieg hatte diese Tendenzen zunächst verschärft, die Preise stiegen immer weiter. Dementsprechend sind auch die Kosten für die Baubranche gestiegen: nicht nur das Baumaterial ist teurer geworden, auch die Preise für Transport und Maschinen sind gestiegen, genauso wie die Löhne. Aufgrund der geographischen Nähe waren insbesondere osteuropäische Länder von russischen Öl- und Gasimporten abhängig. Dies zeigt sich auch in den Kosten für den Bau neuer Mehrfamilienhäuser. Zwischen Anfang 2019 und Ende 2022 sind die Kosten dafür in Osteuropa um mindestens 30% gestiegen, in Westeuropa eher um 20%. In Bulgarien haben sich die Baukosten sogar verdoppelt. In der Schweiz sind die Kosten um 13% gestiegen. Dies mag zwar im Inland als ein Schock nach einem Jahrzehnt von stagnierenden Preisen empfunden worden sein. Im Vergleich zum europäischen Ausland befindet sich die Schweiz hingegen in einer angenehmeren Ausgangslage. Um die Inflation zu reduzieren, wurden die Zinsen in den EU-Staaten angehoben, was wiederum die Bautätigkeit derzeit vielerorts beeinträchtigt. × 4. Moderate Auswirkungen auf Arbeitsmarkt Die Corona-Pandemie hat sich teilweise auch auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt, im zweiten Quartal 2020 verloren Tausende Bauarbeiter ihre Stelle. Aber dieser Taucher war nicht von Dauer. Wie schon 2019 trug die Baubranche in der EU auch 2022 7.7% aller Arbeitsplätze bei. In 12 Staaten ist dieser Anteil über die letzte vier Jahre sogar gestiegen, in den anderen stagnierte er oder er ist sogar gesunken. Es lässt sich zusammenfassen, dass Corona weder auf die Produktion, noch die Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft einen nachhaltigen Effekt in der EU hatte. Viele EU-Länder konnten sich nach dem Pandemieeinbruch erholen. In den nächsten Quartalen sind die gestiegenen Material- und Energiekosten sowie die höheren Zinsen eine grosse Herausforderung für die Baubranche in der EU. Mittelfristig dürfte jedoch der EU- Wiederaufbaufonds die Bauwirtschaft stimulieren. × Über den Autor Luiza Maria Maniera [email protected] Artikel teilen
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