Die Älteren bringen Vorteile auf dem Bau

Die Älteren bringen Erfahrung mit, ermöglichen den Wissensaustausch und können gegen dem Fachkräftemangel wirken. Insbesondere flexible Arbeitsmodelle ermöglichen es, die Stärke der Älteren vorteilhaft einzusetzen.

Produktivität im Alter steigern

Die Mitarbeiter des Baugewerbes waren im Durchschnitt der letzten beiden Dekaden 41 Jahre alt, aktuell beläuft sich das Durchschnittsalter des Baustellenpersonals im Bauhauptgewerbe auf etwa 43.5 Jahre. Die jährliche Produktivität wächst in der Branche durchschnittlich um 0.1%. Im Vergleich mit anderen Branchen findet sich das Baugewerbe in der unteren Hälfte der Skala.

Betrachtet man das Durchschnittsalter, so zeigt sich ein leicht negativer Zusammenhang: je älter die Belegschaft im Durchschnitt, desto tiefer die Produktivität.

Die wissenschaftliche Literatur deutet jedoch nicht auf einen linearen, sondern einen quadratischen Zusammenhang hin: Die Produktivität eines Mitarbeiters steigt in jungen Jahren mit jedem Lebensjahr an und erreicht ihren Höhepunkt im Alter von etwa 50 Jahren. Danach nimmt die Produktivität mit fortschreitendem Alter ab. Der Abfall der Produktivität in den 15 Jahren vor der Pensionierung lässt sich aber mit Fortbildungen deutlich abmildern.

Nicht zu unterschätzen ist der Wissenstransfer von Älteren an jüngere Mitarbeiter. Die Jüngeren lernen, wie man effizient und richtig handwerklich arbeitet und wie Arbeitsprozesse organisiert und rasch umgesetzt werden. Sie erhalten Tipps, wie sie in unvorhersehbaren Situationen spontan reagieren können. Dadurch bleibt das Wissen im Unternehmen und es kann seine Produktivität aufrechterhalten.

Pensionierungswelle überwinden

Das Thema demographische Alterung gewinnt ständig an Bedeutung. Aktuell rollt im Bauhauptgewerbe eine grosse Pensionierungswelle, die wahrscheinlich bis etwa 2030 andauern wird. Dies bedeutet, dass viele Arbeitsplätze ohne Gegenmassnahmen unbesetzt bleiben würden. Die Welle bedeutet, dass viele Ältere aus der Branche ausscheiden, weshalb sich die Branche etwas verjüngt. 2022 erreichte der Anteil der 50-Jährigen mit 38.7% am gesamten Baustellenpersonal des Bauhauptgewerbes seinen Höhepunkt. 2030 wird der Anteil vermutlich auf 34.2% sinken und weiter auf 33.6% bis 2040 abnehmen.

Das Durchschnittsalter hat vermutlich seinen Höchststand bereits erreicht, es dürfte in den nächsten Jahrzehnten ebenfalls sinken.

Die Verjüngung der Belegschaft könnte, wenn die wissenschaftliche Literatur Recht behält, die Produktivität der Branche leicht stimulieren. Gleichwohl werden die Baufirmen Geld investieren müssen, um digitaler und effizienter zu werden und dadurch den Wegfall der älteren Arbeitnehmer teilweise auszugleichen.

Die Stärken der Älteren fördern

Um die Pensionierungswelle und den Fachkräftemangel zu bekämpfen, sollten die Älteren in solchen Positionen eingesetzt werden, wo sie am besten Ihre Erfahrung an die Jüngeren übertragen und zum Nutzen des Unternehmens einsetzen können. Sie bringen ausserdem viele andere Vorteile wie weniger Unfälle und höhere Loyalität – die hohe Verbleibrate bei den Älteren zeigt, dass sie länger in demselben Unternehmen bleiben als ihre jüngeren Kollegen. Die Älteren verunfallen deutlich seltener als die Jungen (s. Beitrag «Weniger Berufsunfälle, überraschende Ursachen»). Das Know-How und die Beachtung der Sicherheit am Arbeitsplatz ist hierfür sicherlich entscheidend. Um den Wissensaustausch zu fördern, können sowohl flexible Arbeitszeitmodelle als auch das Mentoring oder Coaching Einzug halten.

Die Einstellungsrate beschreibt den Anteil Personen, die das Unternehmen in den letzten ein oder zwei Jahren neu eingestellt hat, gemessen an allen Beschäftigten, wobei nach der Altersgruppe differenziert wird.

Die Älteren in der ganzen Schweiz weisen eine tiefere Einstellungsrate im Vergleich zu jüngeren Alterskohorten auf, es werden also relativ betrachtet weniger neue ältere Mitarbeiter eingestellt. Die über 50-Jährigen verlieren ihre Stelle aber weniger oft als die Jüngeren, ihre Separationsrate liegt bei 11% für Mitarbeiter mit weniger als einem Anstellungsjahr bzw. bei 18% mit weniger als zwei Anstellungsjahren. Jedoch bleibt mehr als ein Viertel der Älteren länger als ein Jahr arbeitslos, entsprechend ist ihre Langzeitarbeitslosenquote überdurchschnittlich hoch.

Ältere länger auf dem Bau halten

Nicht nur den Wissensaustausch, sondern auch ihre erfahrene Arbeitsweise sprechen für einen Einsatz der älteren Beschäftigten. Um alle ihre Stärken vorteilhaft einzusetzen, sollten sie länger auf dem Bau gehalten werden. Dadurch kann die Branche positiv gegen den Fachkräftemangel wirken.

Bei den erwerbstätigen Personen zwischen 50 und 64 Jahren gibt es ein grosses Potenzial über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Gemäss einer repräsentativen Umfrage von Deloitte möchten 40% der Erwerbstätigen in der Schweiz über die Pensionierung hinaus arbeiten. Die Umfrage bezieht sich auf alle Branchen. Die Mehrheit davon (35%) möchte in einem Teilzeitpensum arbeiten, dies erfordert flexible Arbeitsmodelle.

Um diese erfahrenen Fachkräfte nicht zu verlieren, ist es wichtig eine frühzeitige Abstimmung zu ermöglichen, die Arbeitsmodelle anzupassen und das Personal strategisch zu planen.

Über den Autor

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Luiza Maria Maniera

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