Digitalisierung in der Berufsbildung nimmt zu

Ausgangslage

Die COVID-19-​Pandemie neigt sich nach mehr als zwei Jahren endlich einem Ende zu. Die Digitalisierung hat sich aufgrund der Massnahmen in dieser Zeit in kürzester Zeit sehr stark entwickelt. Hierdurch wurden neue Massstäbe in der Industrie und in der Baubranche gesetzt. Ein weiterer Einflussfaktor ist die rasante technologische Entwicklung. Um dieser gerecht zu werden, sieht die schweizerische Bildungslandschaft vor, ihre Kompetenzen in Sachen Digitalisierung auszubauen. Dies betrifft die Berufsfachschulen, Weiterbildungsinstitutionen sowie höhere Fachschulen, Fachhochschulen und Hochschulen.

Aktuelle Bildungslandschaft

Die schweizerische Bildungslandschaft entwickelt sich inhaltlich sowie systemisch laufend weiter. Nach einer beruflichen Grundbildung (eidgenössisches Fähigkeitszeugnis nach Lehrabschluss) folgt als Sprungbrett die Höherqualifizierung. Hierdurch können die Absolventen ihren Kenntnisstand erhöhen und werden somit in ihrer Berufslaufbahn gefördert. Das aktuelle Bildungssystem in der Schweiz beinhaltet zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten.

Bildungssystem Schweiz

Weiterbildungsmöglichkeiten in der Baubranche

Um den digitalen Bedürfnissen gerecht zu werden, werden die Inhalte der Ausbildungen und Studiengänge konstant angepasst oder ergänzt. Die Bauarbeiter/-innen müssen stufengerecht auf den digitalen Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Dazu gibt es in der Baubranche verschiedenste Weiterbildungsmöglichkeiten auf Sekundarstufe II und Tertiärstufe. Auf der Ebene Tertiärstufe B sind auch die Bauvorarbeiter, Baupoliere und Baumeister zu finden. Die Bauführer werden derzeit noch in einer höheren Fachschule ausgebildet. Eine elementare Änderung hierzu ist, dass ab dem Jahr 2026 nicht mehr die höheren Fachschulen autonom Abschlussprüfungen durchführen werden, sondern neu eine schweizweit identische Höhere Fachprüfung für Bauführer durchgeführt wird (wie bereits heute beim dipl. Baumeister).

Digitalisierung schreitet voran

In der Baubranche werden Baupoliere ab 2023 in ihren Ausbildungen erstmals systematisch mit dem Thema Digitalisierung in Berührung kommen. Gemäss den neu geltenden Anforderungsprofilen müssen sie neu mit digitalen Instrumenten und Hilfsmitteln umgehen. Die ersten Prüfungen erfolgen im Jahr 2024. Ein ähnliches Programm durchlaufen die Baumeister und die Bauvorarbeiter. Sie werden ab 2023 bzw. 2024 mit neuen digitalen Technologien geschult. Die Bauführer bilden mit ihren neuen Ausbildungen ab 2024 bzw. 2025 das Schlusslicht der neuen Ausbildungsoffensive.

Anpassung der digitalen Kompetenzen in der Baubranche

Der Masterplan, welcher von der Delegiertensammlung SBV im Jahr 2017 verabschiedet wurde, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Um erfolgreich zu sein, müssen im Bauunternehmen ausgebildete Fachkräfte den im Alltag gestellten Anforderungen gerecht werden. Aufgrund der in den Firmen vermehrt eingesetzten modernen Technologien entsteht Handlungsbedarf für die Modernisierung der Aus- und Weiterbildungslandschaft im Bauhauptgewerbe. Der Masterplan „SBV-​Berufsbildung 2030“ beschreibt u. a. die beruflichen Handlungskompetenzen. Die Leistungskriterien werden bezüglich Digitalisierung nachfolgend in einer Tabelle zusammengefasst:

Jahr Beruf / Leistungskriterien (zusammenfassend)
2024 Baupolierinnen und Baupoliere…

  • verfügen über fundierte Kenntnisse im Umgang mit analogen und digitalen Plänen und digitalen Modellen (BIM etc.)
  • achten auf Widersprüchlichkeiten in den Plänen und Informationen gemäss digitalen Modellen (BIM etc.) und melden Unklarheiten
  • verfügen über fundierte Kenntnisse in der methodischen Ausführung von Skizzen auf Papier sowie digital
  • analysieren bei komplexen Vermessungs- und Absteckungsarbeiten digitale Daten auf Plausibilität und leiten ggf. korrigierende Massnahmen ein
  • verfügen über Anwenderkenntnisse in der Bedienung von digitalen Messverfahren
  • analysieren digitale Daten auf Plausibilität und leiten ggf. korrigierende Massnahmen ein
2025 Bauvorarbeiterinnen und Bauvorarbeiter..

  • verfügen über grundlegende Kenntnisse im Umgang mit digitalen Instrumenten und Hilfsmitteln
  • verfügen über grundlegende Kenntnisse in der methodischen Ausführung von Skizzen auf Papier und digital.
  • analysieren digitale Daten bei einfachen Vermessungs- und Absteckarbeiten auf Plausibilität und leiten ggf. korrigierende Massnahmen ein.
2025 Baumeisterinnen und Baumeister…

  • bewirtschaften die erforderliche betriebliche und digitale Infrastruktur.
  • verfügen über fundierte Kenntnisse über (digitale) Entwicklungen im baubezogenen Infrastrukturbereich.
  • treffen strategische Entscheide im Bereich digitaler Technologien. Planen den Einsatz von digitalen Technologien
  • verfügen über fundierte Kenntnisse von digitalen Technologien und deren Einsatzmöglichkeit im Bau
  • verfügen über fundierte Kenntnisse in der Einschätzung und Beurteilung von digitalen Markttrends und Neuerungen für das eigene Unternehmen
  • prüfen die Umsetzung der digitalen Technologien und ihre Wirkungen und leiten korrigierende Massnahmen ein
  • planen das Bauprojekt auf Basis von digitalen Modellen (BIM etc.)
  • beraten alle Beteiligten bei der Planung/Modellierung von Bauprojekten mittels digitalen Modellen (BIM etc.).
  • verfügen über fundierte Kenntnisse von digitalen Modellen (BIM etc.) und entsprechenden Daten
  • verfügen über fundierte Kenntnisse in der Umsetzung der Bauplanung mit digitalen Modellen (BIM etc.)
2026 Bauführerinnen und Bauführer…

  • beraten alle Beteiligten bei der Planung/Modellierung von den übertragenen Bauprojekten mittels digitaler Modelle (BIM etc.)
  • verfügen über Anwenderkenntnisse in der Umsetzung der Bauplanung mit digitalen Modellen (BIM etc.) und bzgl. Daten aus digitalen Modellen
  • setzen sich für das Arbeiten mit BIM und anderen digitalen Technologien ein
  • kontrollieren den Bauplanungsprozess eventuell mit digitalen Modellen (BIM etc.) und leiten gegebenenfalls korrigierende Massnahmen ein
  • erstellen Offerten innerhalb des offerierten Objekts und unterstützen die zuständigen Stellen bei der Erstellung von Offerten auf Basis von Daten von digitalen Modellen (BIM etc.)
  • verfügen über fundierte Kenntnisse in der Offerterstellung unter Zuhilfenahme von digitalen Tools und anderen Hilfsmitteln
  • informieren und prüfen den Einsatz von digitalen Technologien (z.B. BIM, teilautomatisierte Baumaschinen, intelligente und cyber-physische Ausstattungen usw.) im Bauwesen

 

Im Masterplan Berufsbildung 2030 - Schweizerischer Baumeisterverband können weitere Einzelheiten entnommen werden.

Erweiterung der digitalen Kompetenzen im Bauwesen

Auf der Tertiärstufe A (FH, ETH) gibt es im Bauwesen ein breites Spektrum an Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Digitalisierung. Hierzu zählen Zertifizierungen bis hin zu einem Master. Die unten aufgeführten Weiterbildungen sind Beispiele und nicht vollständig.

 

 

Schule Typ Titel
Hochschule Luzern Bachelor Digital Construction
Dieses interdisziplinäre Studium macht Sie zur Fachperson für die Digitalisierung im Bau. Sie erwerben sich sowohl ein digitales als auch ein fachliches Kompetenzprofil und besetzen nach dem Abschluss die Schnittstellen zwischen den klassischen Gestaltungs- und Ingenieurberufen im Bauwesen. Themen wie BIM (Building Information Modelling), Digital Twin, Data Thinking und IoT (Internet of Things) stehen dabei im Fokus.
Fachhochschule Nordwestschweiz Master of Science Virtual Design and Construction (VDC)
Das interdisziplinäre Studium bietet eine theoretische und praktische Auseinandersetzung mit dem digitalen Planen, Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken. Dabei vereint der Master-Studiengang Inhalte zu Informationsmodellierung und -management mit Fragen der integralen Zusammenarbeit und Prozessgestaltung.
Fachhochschule Nordwestschweiz mit Campus Sursee MAS Digitales Bauen
Mit Methoden und Instrumenten des digitalen Bauens holen Sie alle am Bauprojekt Beteiligten an einen Tisch und garantieren so den Erfolg der Projektabwicklung.
Berner Fachhochschule Zertifikat BIM Praxis – Grundlagen mit buildingSMART
Der Kurs vermittelt alle Grundlagen des digitalen Bauens. Vermittelt werden die BIM-Methodik, die Begriffe und Abkürzungen und ihre Semantik, das Use-Case-Management sowie praxisorientierte Anwendungen.
Berner Fachhochschule CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen – BIM sicher anwenden
Alle reden vom digitalen Bauen – wir zeigen Ihnen wie. Erwerben Sie die Methodenkompetenz, um Planungs- und Produktionsprozesse durchgehend digital zu verstehen und zu führen. Die Weiterbildung bezieht sich auf die gesamte Baubranche im Hochbau.
Berner Fachhochschule Fachkurs Digital Real Estate - Immobilien im Fokus
Raus aus dem Abkürzungsdschungel, rein in das reale Leben. Verschaffen Sie sich einen Überblick: Verstehen Sie die relevanten Technologien, die Herausforderungen digitaler Geschäftsmodelle und die Herangehensweise an Ihre Strategie im digitalen Zeitalter der Immobilienbranche.
Berner Fachhochschule CAS Infrastruktur digital
Im neuen CAS Infrastruktur Digital verschmelzen die aktuellen und zukünftigen Themen aus den Bereichen BIM und Verkehrsinfrastruktur zu einem Weiterbildungsstudiengang. Das vermittelte Fachwissen ist im betrieblichen Alltag unmittelbar einsetzbar und wird an aktuellen, realen Projekten veranschaulicht.

 

Im unten aufgeführten Video erfahren Sie mehr Informationen über den "Bachelor of Arts/Bachelor of Science in Digital Construction" von der Hochschule Luzern.

Herausforderung der Digitalisierung aus Sicht der Bildung

Schnelle Entwicklung birgt für das Bildungsangebot auch Gefahren. So kann eine neue Technik heute ein Hype sein und morgen bereits der Vergangenheit angehören. Langlebigkeit​ und Nachhaltigkeit sind wichtige Faktoren, die das Schweizer Bildungssystem kennzeichnen. Aus Sicht der Digitalisierung muss sich das Bildungssystem für folgende Kriterien bewähren:

  • Tempo und Veränderung der Digitalisierung
  • Alle fünf Jahre wird der Masterplan vom SBV erneuert. Es ist eine Herausforderung rück- und vorausschauend, alle Digitalisierungsthemen aufzunehmen.
  • Klein-​ und Grossfirmen bilden in der Digitalisierung eine grosse Heterogenität. Es ist eine Herausforderung, die unterschiedlichen Bedürfnisse auf einen Nenner zu bringen

 

Zukunft der Baubranche

Infolge der Digitalisierung wird die Baubranche noch starke Veränderungen erfahren. Es wird eine grosse Herausforderung werden, den rasanten Wandel in der Bildungslandschaft zeitnah abzubilden; das betrifft gleichermassen auch die Bauunternehmen. Dieser Trend birgt somit Chancen und Gefahren. Ein gesundes Verhältnis bringt neue Perspektiven und schafft nachhaltige Veränderungen.


Quellen

Masterplan Berufsbildung 2030 vom Schweizerischer Baumeisterverband: Masterplan Berufsbildung 2030 – Schweizerischer Baumeisterverband

– Bildungssystem Schweiz https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home.html

Hochschule Luzern HSLU https://www.hflu.ch

Berner Fachhochschule https://www.bfh.ch

Campus Sursee https://www.campus-sursee.ch

Fachhochschschule Nordwestschweiz https://www.fhnw.ch

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Guide to Digital Transformation

Erfahren Sie, wie Sie die Digitalisierung im eigenen Unternehmen angehen können. Mit dem Guide to Digital Transformation können Sie Ihren digitalen Reifegrad und die wichtigsten Handlungsfelder ermitteln. Die kompetenten Partnerfirmen des SBV bieten Ihnen anschliessend bei der Umsetzung der weiteren Schritte Unterstützung. Erfahren Sie mehr hier.

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Digitalisierung SBV

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