«Wir verstehen Modernisieren als Zusammenspiel von Eigentümern, technischen Fachleuten und Bankberatern.»

Raiffeisen Schweiz unterstützt Hausbesitzer, die modernisieren wollen. Geschäftsleitungsmitglied Roland Altwegg erklärt, wie und weshalb.

Um die Klimaziele des Bundes zu erreichen, ist es dringend nötig, den überalterten Gebäudepark zu modernisieren. Mit knapp einem Prozent liegt die Modernisierungsquote aber seit Jahren sehr tief. Wie ist diese Diskrepanz zu erklären?

Die Gründe für die tiefe Modernisierungsquote sind je nach Gebäudetyp unterschiedlich: Bei Stockwerkeigentum sind es vielfach zu tiefe Erneuerungsfonds, bei Einfamilienhäusern die hohen Anfangsinvestitionen, etwa beim Umstieg auf erneuerbare Energien. Darüber hinaus fehlen oftmals die Informationen zu Ansprechpartnern, Fördermassnahmen und zum sinnvollen Vorgehen.

Ist es auch eine Generationenfrage, ob ein Immobilieneigentümer modernisiert?

Nicht unbedingt. Die Erkenntnisse unserer Umfrage «Kundenbarometer erneuerbare Energien», die wir seit 2012 jährlich mit der Hochschule St. Gallen und EnergieSchweiz, durchführen, zeigen auf, dass ältere Menschen durchaus bereit sind, Modernisierungsmassnahmen umzusetzen. Nebst Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind dabei Themen wie die Tragbarkeit im Alter, barrierefreies Wohnen oder auch Fragestellungen zum Verkauf oder zur Weitergabe innerhalb der Familie relevant. Demgegenüber führen steigende Immobilienpreise bei jüngeren Käufern vermehrt dazu, dass sie bei der Finanzierung an die Grenze des Tragbaren gehen müssen. Da bleibt nur noch wenig Spielraum für Zusatzinvestitionen.

Welche Massnahmen sind nötig, um die Umsetzung von Modernisierungsmassnahmen anzukurbeln?

Subventionen sind zwar beliebt, aber gemäss unseren Erfahrungen nicht der ausschlaggebende Faktor. Im Beratungsalltag zeigt sich, dass es Immobilieneigentümern oftmals an einem langfristigen Modernisierungsplan fehlt, um gezielt und sinnvoll aktiv zu werden. Ein solcher ist entscheidend, um Sanierungsstaus zu vermeiden, nötige Investitionen zu erkennen sowie frühzeitig individuelle Lösungen – baufachlich und finanziell – zu erarbeiten.

Mit der Einführung eines Tools zur Analyse, Planung und Kostenberechnung von Sanierungsmassnahmen hat Raiffeisen die energetische Immobilienbewertung bereits 2015 in ihre Finanzberatung integriert. Warum gibt Raiffeisen der Modernisierung des Schweizer Gebäudeparks eine hohe Priorität?

Raiffeisen unterstützt das Netto-Null-Klimaziel des Bundes. Indem wir Kundinnen und Kunden aufzeigen, wie sie ihre Immobilien klimaverträglicher gestalten können, leisten wir einen Beitrag zu diesem Ziel. Generell bin ich überzeugt davon, dass Banken mithilfe von digitalen Werkzeugen, ihren Partnernetzwerken sowie einer umfassenden Beratung zu Wegbereitern für nachhaltiges Sanieren werden können.

Ihre Dienstleistungen sehen vor, dass von der rein finanziellen Planung eine Brücke geschlagen wird zu Energie- und Baufachleuten. Bewährt sich dieser umfassende Ansatz?

Ja. Das Interesse unserer Kundinnen und Kunden ist gross, die Beratungsgespräche nehmen zu. Wir verstehen das Modernisieren als Zusammenspiel von Eigentümern, technischen Fachleuten und Bankberatern. Unsere Erfahrung zeigt, dass dieser Ansatz unter Einbezug des lokalen Netzwerks häufig erfolgsversprechend ist.

Das stimmt mich zuversichtlich, dass die Modernisierungsquote spürbar steigen wird.

Sprechen Sie mit Ihren Dienstleistungen ausschliesslich Eigentümer an, die ihre Liegenschaft selbst bewohnen? Oder auch solche, die Objekte vermieten?

Als führende Schweizer Hypothekarfinanziererin stehen wir Besitzerinnen und Besitzern von Einfamilienhäusern und Stockwerkeigentum sowie auch Eigentümern von privaten Renditeliegenschaften mit unseren Services zur Seite.

Insbesondere bei Renditeliegenschaften eröffnen Ersatzneubauten die Möglichkeit, nebst Effizienzgewinnen und Emissionsreduktionen auch die knappe Siedlungsfläche besser zu nutzen. Schliessen Sie diesen Modernisierungsansatz nebst der Sanierung von Bestandesbauten in Ihre Beratungstätigkeit ein?

Wir haben beide Ansätze im Blick, zumal jedes Grundstück und jedes Objekt so individuell ist, wie die Bedürfnisse der Eigentümer. Im Grundsatz wollen wir mit einem umfassenden Beratungsprozess einen Beitrag zur Steigerung der Modernisierungsquote in der Schweiz leisten, sei es mit Heizungsersatz oder Wärmedämmmassnahmen im Bestand oder auch mit energieeffizienten Neubauten.

Sind Ersatzneubauten und das entsprechende Verdichtungspotenzial auch bei Eigenheimbesitzern ein Thema?

Durchaus. Die Verdichtung ist mittlerweile in aller Munde, und mit ihr auch der Ersatzneubau. Darüber hinaus stellen wir fest, dass aufgrund der aktuellen Ressourcendiskussion vermehrt auch die Kreislaufwirtschaft zum relevanten Thema wird. Wie haben jüngst ein InnoSuisse-Projekt mit der Berner Fachhochschule zum Verdichtungspotenzial von Liegenschaften abgeschlossen. Das Ziel hierbei ist es, Eigentümern aufzuzeigen, welche Optionen auf ihrem Grundstück möglich sind.

Wie geht Raiffeisen mit der Modernisierung ihrer eigenen Liegenschaften um?

Der Gebäudepark der Raiffeisen Gruppe umfasst über 820 Standorte, die von den jeweiligen eigenständigen Raiffeisenbanken selbst bewirtschaftet werden. Wir setzten uns das Ziel, bis 2020 30 Prozent der gruppenweiten CO2-Emissionen einzusparen. Dieses Ziel konnten wir, unter anderem durch Modernisierungsmassnahmen im Gebäudepark, sogar übertreffen.

Glauben Sie, dass die Modernisierung des Schweizer Gebäudeparks so in Gang kommt, dass die Klimaziele erreicht werden können?

Ja. Das Thema ist mittlerweile in der Gesellschaft angekommen. Das Ziel ist für die Bevölkerung nachvollziehbar und die entsprechende Sensibilität nimmt zu. Das stimmt mich zuversichtlich, dass die Modernisierungsquote spürbar steigen wird.

 

Interview: Beat Matter

TOOLS

Mit «eVALO» hat Raiffeisen bereits 2015 ein Analysetool für energetische Sanierung lanciert. Mit dem Energiesparrechner können Hausbesitzer das Energiesparpotenzial verschiedener Sanierungsmassnahmen evaluieren. Mit dem «Raiffeisen Modernisierungsplaner» hat die Bank im vergangenen Jahr ein weiter gefasstes Werkzeug nachgelegt, das in die Beurteilung von Modernisierungsmassnahmen auch nicht-energetische Bauteile einschliesst. Auch die Wohneigentumsplattform «Liiva», ein Joint Venture von Raiffeisen und Mobiliar, bietet Eigentümern die übersichtliche Möglichkeit, ihre Liegenschaften zu verwalten sowie interaktiv Modernisierungsschritte zu planen. Die gebündelten Informationen der Bank zu Immobilien, Wohnen sowie den genannten Tools sind zu finden unter www.RaiffeisenCasa.ch

 

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Schweizerischer Baumeisterverband

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