Piccard setzt auf Wasserstoff

Seelenforscher, Psychiater, Botschafter für saubere Technologien und Referent am Tag der Bauwirtschaft 2024: Bertrand Piccard umrundete als erster Mensch mit einem Ballon ohne Halt die Welt. Nun plant der 66-Jährige, als Erster mit einem Wasserstoff-Flugzeug nonstop um die Welt zu fliegen.

Das Fliegen begeisterte Bertrand Piccard schon früh. Mit elf Jahren erlebte er den Start der Apollo-11-Mission mit, kaum 16 Jahre jung flog er Hängegleiter, später wurde er Fluglehrer für Drachenfliegen. Neben der Fliegerei begeistert er sich für das Studium des menschlichen Verhaltens und für die Beobachtung diverser Bewusstseinsebenen in Extremsituationen. Von Beruf Arzt, spezialisierte sich Piccard auf Psychiatrie und Psychotherapie sowie die Hypnose.

Der 66-Jährige entstammt einer Dynastie berühmter Forscher und Wissenschaftler: So fuhr sein Grossvater Auguste Piccard 1932 mit einem Ballon bis auf 16’940 Meter Höhe in die Stratosphäre, und sein Vater Jacques Piccard tauchte 1960 als erster Mensch bis auf den Grund des Marianengrabens im Pazifik – eine der tiefsten Stellen im Meer. Bertrand Piccard wurde es in die Wiege gelegt, über das Offensichtliche hinauszugehen und das scheinbar Unmögliche zu erreichen. Mit zwei Luftfahrtpremieren sorgte er selbst für Berühmtheit: Es gelang ihm 1999 als erster Mensch, die Erde nonstop in einem Ballon zu umrunden, und er machte eine 43 000 Kilometer lange Reise um den Globus in einem Solarflugzeug. Der Vater dreier Töchter gilt als Pionier für die Betrachtung der Umwelt aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Bei seinen Flügen hat er erkannt, dass aus grossen Höhen betrachtet Landesgrenzen an Bedeutung verlieren und die meisten Herausforderungen nicht auf ein einzelnes Land begrenzt sind, sondern nach multinationalen Lösungen verlangen. Eine dieser Herausforderungen ist die nachhaltige Entwicklung. Die Förderung erneuerbarer Energien und sauberer Technologien ist ihm deshalb ein grosses Anliegen. Um diese Botschaft in die Welt hinauszutragen, gründete Piccard die Stiftung Solar Impulse.

Im Zeichen des Umweltschutzes

Wer glaubt, der Schweizer Abenteurer habe in seinem Leben alles erreicht, täuscht sich. Piccard will im Pensionsalter noch einmal die Erde umrunden – dieses Mal mit einem wasserstoffbetriebenen Flugzeug. Dafür ist ein neuntägiger Nonstop-Flug für 2028 geplant. Das Projekt mit dem Titel «Climate Impulse» steht im Zeichen des Umweltschutzes, ein Aufruf zum Handeln.

Wasserstoff ist klimaneutral und gilt als Schlüsselelement klimaneutraler Energieversorgung. Die Herausforderung besteht gemäss Piccard darin, den flüssigen Wasserstoff während der Umrundung auf Minus 253 Grad Celsius zu kühlen. So etwas wurde noch nie gemacht.

In einem Interview mit dem «Tages Anzeiger» sagte er: «Ich habe genug von all dem Pessimismus und der Untätigkeit in Sachen Umweltschutz. Ich möchte allen Leuten, die keine Zukunft sehen, zeigen, dass es Hoffnung gibt und dass wir handeln können. Der beste Weg dafür ist ein spektakuläres Projekt.» Es gebe noch immer grossen Widerstand und Abneigungen gegen zukunftsgerichtete Technologien. Umweltschutz werde erst zur Realität, wenn er als wirtschaftlich und aufregend wahrgenommen werde. Bei seinem geplanten Versuch mit dem wasserstoffbetriebenen Flugzeug 2028 (erste Flugtests sind für 2026 vorgesehen) wird der Waadtländer 70 Jahre alt sein.

Autor: Werner Schüepp