Sessionsrückblick Winter 2022

 

 

Sozialpartnerschaft sollte Vorrang haben

Der Schweizerische Baumeisterverband hat bewiesen, dass die Sozialpartnerschaft lebt und funktioniert. Zusammen mit den Gewerkschaften hat er nach langwierigen Verhandlungen und unter grosser Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Bauhauptgewerbe geschlossen, der ab 2023 gilt. Vielleicht hat auch die öffentlich gelebte Sozialpartnerschaft auf dem Bau dazu beigetragen, dass nach dem Ständerat nun auch der Nationalrat die Motion Ettlin 20.4738 angenommen hat. Die Bestimmungen in allgemeinverbindlichen GAV zu Mindestlohn, 13. Monatslohn und Ferienanspruch gehen kantonalen Regeln nun immer vor.

Grundsätzlich schien in dieser Session die lange Perspektive im Zentrum der Debatten zu stehen, wurden doch die Dossiers Infrastruktur, Raumplanung, Umwelt und Altersvorsorge behandelt.

 

Infrastruktur pflegen

Der Bund misst der Schiene eine Schlüsselrolle zu, Stichwort Bahn 2050. Nur ohne einen durchdachten Ansatz, wie lange Distanzen zwischen Ost und West sowie Nord und Süden verbunden werden können, kann dies nicht gelingen. Genauso wenig, wenn nicht die Ursachen für die mehrjährigen Verzögerungen bei Bauarbeiten an der Infrastruktur identifiziert und beseitigt werden. Deshalb begrüsst der SBV die Annahme der Motion 22.4258.

Das Parlament hat ein Geschäft zur Rechtssicherheit von Baugesuchen behandelt. Die Motion 20.4268 wollte mittels Positivplanung erreichen, dass Baugesuche für Produktionsanlagen von erneuerbaren Energien ein schnelles zuverlässiges Bewilligungsverfahren durchlaufen, aber die Motion wurde vom Ständerat versenkt.

 

Umwelt und Raumplanung im Gleichgewicht halten

Der direkte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative ist nun Geschichte, gegen den indirekten Gegenvorschlag dürfte das Referendum ergriffen werden, so dass das Volk darüber im Juni 2023 abstimmen dürfte. Bei Annahme des indirekten Gegenvorschlags wird die Volksinitiative endgültig zurückgezogen, bei Ablehnung wird das Volk zu einem späteren Zeitpunkt über die Initiative abstimmen.

Der Nationalrat hatte bei seiner Debatte zur Biodiversitätsinitiative die quantitativen Vorgaben, wieviel Prozent der Schweizer Landesfläche für die Artenvielfalt reservieren werden soll, gestrichen. Der Ständerat hat diese Streichung bestätigt und setzt ebenfalls auf qualitative Kriterien. Beides ist aus Sicht des SBV der richtige Weg, weil bei genauerer Betrachtung die quantitativen Vorgaben de facto keine Planungssicherheit für Baufirmen bieten.

Hinsichtlich Altersvorsorge begrüsst der SBV, dass die Initiative der Gewerkschaften, die AHV-Renten um gut 9% anzuheben, vom Nationalrat abgelehnt wurde. Begrüssenswert ist ebenfalls, dass es in der BVG-Reform vorwärts geht. Der Ständerat hat den Reformvorschlag seiner Gesundheitskommission angenommen. Damit beginnt im Januar die Differenzbereinigung. Vor diesem Hintergrund überprüft die Wirtschaft ihre Haltung zur Reform, damit die Differenzbereinigung ein gelungenes Reformmodell hervorbringt.

 

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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