Aerial view from a range of construction skips with sorted waste

SIA Norm 430 – was zu beachten ist

Auf den 1. August 2023 tritt die neue SIA-Norm 430 und 118/430 in Kraft.

 

SIA 430: 2023 Vermeidung und Entsorgung von Bauabfällen (Ersetzt den technischen Teil der Empfehlung SIA 430: 1993)

 

In den letzten 30 Jahren hat sich der Umgang mit Bauabfällen stark verändert. Die rechtlichen Grundlagen auf kantonaler und auf Bundesebene haben eine erhebliche Entwicklung erfahren. Mit der Inkraftsetzung der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (Abfallverordnung VVEA) im Januar 2016, wurde ein grosser Schritt in Richtung Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft getan. Zudem wurden die Anforderungen an Deponien definiert und verstärkt.

«Die vorliegende Norm hat zum Ziel, den Baustoffkreislauf nachhaltiger zu machen, indem sie auf das Wiederverwendungspotenzial von Bauteilen aufmerksam macht und eine möglichst grosse Rückführung von Bauabfällen in den Stoffkreislauf fordert. Sie baut auf den vorhandenen Grundlagen zum Entsorgungskonzept und zur Schadstoffermittlung der VVEA auf und weist auf Massnahmen zur Wiederverwendung hin. Diese werden im Rahmen der Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft zukünftig weiter präzisiert werden.» 

Zitat aus dem Vorwort

Wichtige Änderungen in der neuen Norm

  • Viele Fachbegriffe wurden angepasst und ergänzt. zum Beispiel:
    • Bauschutt wurde durch den Begriff Rückbaumaterial ersetzt;
    • Stoffliche und energetische Verwertung wird unterschieden;
    • Wiederverwendung (re-use) neu eingeführt.
  • Relevante Bauabfallkategorien wurden den gesetzlichen Vorgaben und der VVEA angepasst
  • Abfallkategorien wurden entsprechend der «Verordnung über den Verkehr mit Abfällen» (VeVA) übernommen.
  • Das Thema Kreislaufwirtschaft einschliesslich der Wiederverwendung von Bauteilen wurde miteinbezogen:
    • Erhaltung und Weiternutzung der bestehenden Bausubstanz;
    • Wiederverwendung von nicht schadstoffbelasteten Bauteilen vor Ort, oder auf einer anderen Baustelle.
  • Unvermeidbare Abfälle sind gemäss folgender Priorisierung zu verwerten:
    • Nach dem Stand der Technik, möglichst hochwertige stoffliche Verwertung;
    • Abfälle, die nicht direkt verwertet werden können, sind so zu behandeln, dass verwertbare Anteile entstehen;
    • Abfälle, die nicht stofflich verwertet werden können, müssen VVEA-konform energetisch verwertet, behandelt, oder abgelagert werden.
  • Aufschlüsselung der Verantwortlichkeit und der Massnahmen nach SIA-Phasen.

BESONDERS ZU BEACHTEN IST FOLGENDES:

Die nachfolgend aufgeführten Grundlagen des Konzepts zur Wiederverwendung und des Entsorgungskonzepts sind in frühen Phasen des Planungsprozesses zu ermitteln und müssen in die Ausschreibung und Verträge einfliessen:

  • Massnahmen zur Abfallvermeidung und -entsorgung sind gleichzeitig mit den üblichen Überlegungen über die Instandhaltung, den Umbau oder Rückbau von Bauwerken zu planen.
  • Nicht schadstoffbelasteten Bauteile, die (vor Ort oder im Rahmen eines anderen Bauprojekts) wieder- verwendet werden können, sind zu identifizieren und zu inventarisieren.
  • Es sind Informationen über den Gewässer- und Bodenschutz einzuholen.
  • Bei Renovierungs-, Umbau- und Rückbauprojekten soll ein Gebäudecheck (Bauschadstoffe) durchgeführt werden (obligatorisch für Gebäude, die vor 1990 errichtet wurden).
  • Vorkommen von Neophyten und geogenen Belastungen sind zu prüfen
  • Es muss ein Entsorgungskonzept in Abhängigkeit von Grösse und Komplexität des Projekts erstellt werden. Neben den rechtlichen Vorschriften soll das Konzept folgendes umfassen:
    • eine Beschreibung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Beteiligten;
    • eine Schätzung der Kosten der Entsorgung.
  • Im Leistungsverzeichnis sind Art, Qualität und Menge der Abfälle, die anfallen (durch Aushub, Rückbau inkl. oder exkl. Fundamente, Umbau), inklusive Beschreibung der Methoden zum Rückbau, Umgang mit den Abfällen, sowie Ablauf der Demontage und Bereitstellung von wiederverwendbaren Bauteilen zu beschreiben.

(Anhang A)

Ablaufschema zu Schadstoffermittlung, Wiederverwendung und Entsorgungskonzept

(Anhang B)

Checkliste zur Ausführung

(Anhang C)

Tabelle mit Materialien und Schadstoffbelastungen

118/430 ALLGEMEINE BEDINGUNGEN FÜR DIE VERMEIDUNG UND ENTSORGUNG VON BAUABFÄLLEN

WERKVERTRAG

Die Bauherrschaft muss in der Regel im Rahmen des Baugesuchs der Behörde Angaben über Art, Qualität und Menge der Abfälle machen und im Abschluss die Einhaltung des Entsorgungskonzepts nachweisen (Art. 16 VVEA).

Diesem Grundsatz ist in der Planung, der Ausschreibung und in den Werkverträgen nachzuleben.

Die Ausschreibungsunterlagen müssen alle Informationen enthalten, die für ein Angebot erforderlich sind.

  • detaillierte Beschreibung des Bauwerks und der darin enthaltenen Bauteile und Baustoffe;
  • Massnahmen zur Abfallvermeidung, z.B. vorgesehene Wiederverwendung von Bauteilen;
  • Entsorgungskonzept mit Angaben zu Art, Menge und Qualität der Bauabfälle sowie die Verwertungs- und Entsorgungswege;
  • Resultate vorliegender Untersuchungen;
  • allfällige Kadastereinträge;
  • Schadstoffentfernungs- und / oder Sanierungskonzepte;
  • Auflagen und Bedingungen der Bewilligungsbehörde;
  • baustellenspezifische Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt.

Im Leistungsverzeichnis sind insbesondere anzugeben:

  • wiederzuverwendende Bauteile, inkl. der dazu gehörenden Massnahmen;
  • getrennt zu erfassende Materialarten, Materialqualität und Materialmengen gemäss Entsorgungskonzept;
  • vorzusehende Entsorgungswege;
  • Beschrieb von allfälligen Sammelstellen auf der Baustelle inkl. Schutzmassnahmen gegen unkorrekte und unbefugte Benützung;
  • Bedingungen für die Übergabe des Bauwerks;
  • Beschreibung des Endzustandes nach erbrachter Leistung;
  • Leistungen infolge Auflagen und Bedingungen der Bewilligungsbehörde sowie baustellenspezifische Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt wie z.B. spezielle persönliche Schutzausrüstung, Radwaschanlage;
  • Verrechnungs- und Ausmassart.

PFLICHTEN DER VERTRAGSPARTNER

Bauherrschaft und deren Vertretung (Bauleitung; Fachbauleitung)

  • Festlegen von Massnahmen zur Vermeidung von Abfällen:
  • Weiterverwendung der bestehenden Bausubstanz;
  • Wiederverwendung von Bauteilen.
  • Auskunft geben über Art, Qualität und Menge der anfallenden Abfälle und über die vorgesehene Entsorgung (Art. 16 VVEA);
  • Überprüfen der allgemeinen Verwertungspflicht nach dem Stand der Technik (Art. 12 VVEA);
  • Festlegen des Verwertungsanteils;
  • Erarbeiten des Entsorgungskonzepts und Umsetzen in die Ausschreibungsunterlagen und Verträge
  • Überprüfen der Zweckmässigkeit der Baustelleneinrichtung und des Aushub-, Abbruch-, Rückbau-, Demontage- und Umbauvorgangs in Bezug auf Entsorgung und Wiederverwendung;
  • Kontrolle der Einhaltung des Entsorgungskonzepts, insbesondere der vom Unternehmer gewählten Entsorgungsanlagen;
  • Kontrolle und Durchsetzung der korrekten Benützung der Sammelstelle;
  • Kontrolle der Entsorgungsnachweise der Unternehmer;
  • Überprüfung der Zielvorgabe für die Verwertung und Wiederverwendung.

Unternehmer

  • Trennen und Entsorgen der Bauabfälle gemäss Entsorgungskonzept;
  • Projektieren der Baustelleneinrichtungen für die Umsetzung des Entsorgungskonzepts;
  • Handlungsanweisungen für die Umsetzung des Entsorgungskonzepts an die auf der Baustelle tätigen Mitarbeitenden;
  • Umsetzung der Massnahmen zur Arbeitssicherheit sowie zum Gesundheits- und Umweltschutz;
  • Betreiben und Überwachen der Sammelstelle, falls vertraglich vereinbart;
  • Meldepflicht von im Entsorgungskonzept nicht enthaltenen Materialien und Stoffen an die Bauleitung;
  • Nachweis der Entsorgung gemäss Entsorgungskonzept;
  • Nachweis der Verwertung nach dem Stand der Technik und des erreichten Verwertungsgrades.

VERGÜTUNGSREGELUNGEN

Inbegriffene Leistungen

Die folgenden Leistungen gehören zu einer fachgerechten Ausführung und sind deshalb auch ohne spezielle Beschreibung in den Einheitspreisen inbegriffen.

  • Massnahmen in Bezug auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der eigenen Mitarbeitenden;
  • Instruktion der eigenen Mitarbeitenden;
  • Massnahmen zur Verhinderung der Verschleppung von Schadstoffen;
  • Massnahmen zur Verhinderung der Vermischung von Abfällen;
  • LSVA3, VASA4, kantonale Gebühren;
  • Eingangsanalysen der Entsorgungsbetriebe;
  • Erstellen des Entsorgungsnachweises auf Basis der Annahmescheine.

Nicht inbegriffene Leistungen

Die folgenden Leistungen werden dem Unternehmer gesondert vergütet, sofern sie im Leistungsverzeichnis nicht beschrieben sind.

  • Erstellen von Begleitscheinen;
  • Probenahmen und Analysen zur Klassierung der Abfälle;
  • von der Bauherrschaft angeordnete Zwischenlager;
  • von der Bauherrschaft angeordnete Etappierungen und Unterbrüche;
  • Schützen von zur Wiederverwendung vorgesehenen Bauteilen;
  • Aufwendungen infolge Umklassierung von Abfällen.

AUSMASS UND ZAHLUNGSMODALITÄTEN

Ausmassbestimmungen

Ohne anders lautende Vereinbarung wird das Ausmass unter Berücksichtigung der nach- stehend aufgeführten Ausmassbestimmungen festgelegt:

Bei Abfällen aus Abbruch gilt das Vorausmass gemäss Vertrag als verbindlich, wenn kein Vertragspartner vor Beginn der Abbrucharbeiten eine Überprüfung des Vorausmasses verlangt.

Ausmass nach Masse:

Für die Entsorgung gilt grundsätzlich die Masse (kg, t) gemäss Waagscheinen einer geeichten Waage der Entsorgungsanlage.

Ausmass nach Fläche:

Der Umgang mit Überlappungen ist vorgängig festzulegen.

Ausmass nach Volumen:

Volumen fest: Volumen in den Profilen gemessen.

Volumen lose: Volumen auf Transportmittel gemessen oder Vorgabe des Auflockerungs-faktors der verschiedenen Materialien.

Ausmass nach Stück:

Zur Wiederverwendung vorgesehene Bauteile.

Bei Laboranalysen ist der Parameterumfang anzugeben.

FAZIT

Die neue Norm beinhaltet etliche Neuerungen, die helfen, den Umfang der Abfallmenge durch eine frühe Analyse möglicher weiterverwendbarer Bausubstanz und wiederverwendbarer Bauteile zu reduzieren, sowie den Umgang mit Bauabfällen beschreibt und die grundsätzliche Verantwortlichkeit in den einzelnen Bauphasen regelt.

Für die Bauunternehmer enthält sie wichtige Grundsätze im Umgang mit den grossen Abfallmengen, die heute im Zuge von Ersatzneubauten, Um- und Rückbauten anfallen.

Über den Autor

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Ruedi Kessler

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