«Wir Bauunternehmer müssten die Zeche bezahlen»

Die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» der Juso– auch «99%-Initiative» genannt – , über die am 26. September 2021 abgestimmt wird, gibt vor, das «reichste ein Prozent» der Schweizer Bevölkerung stärker zu besteuern. In Wirklichkeit aber geht die Initiative viel weiter und trifft auch KMU. Der Schweizerische Baumeisterverband SBV empfiehlt ein Nein.  

 

«Wir sind ein Familienunternehmen. Die dritte Generation ist bereits in die Firma eingetreten und wird diese übernehmen. Mit Annahme der 99%-Initiative wäre diese Übergabe an die Nachkommen gefährdet», sagt Heinz Eberhard, Verwaltungsratspräsident der Eberhard Unternehmungen. Der Hintergrund: Bei einer Nachfolgeregelung wird der über die Jahre aufgebaute Wert der Firma übertragen. Heute erfolgen etwa 92 Prozent aller Nachfolgeregelungen bezahlt. Das heisst, der Käufer bezahlt dem Unternehmer oder der Unternehmerin den Wert des Unternehmens. Unternehmerinnen und Unternehmer sind meist auf eine entgeltliche Nachfolgeregelung angewiesen, da sie ihren zukünftigen Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus dem Verkaufserlös finanzieren müssen.

Nachfolgeregelung wird erschwert 

Schon heute hapert es bei Nachfolgeregelungen. Bei einer Annahme der 99%-Initiative wird es noch heftiger. Studien zeigen, dass die Initiative den Wert des Unternehmens in einer Nachfolgeregelung um 26 bis 58 Prozent senkt. Der Grund dafür ist, dass die Initiative Kapitaleinkommen 1.5mal so stark besteuern will als bisher Denn gemäss dieser ist eine entgeltliche Nachfolgeregelung ein Fall von Kapitaleinkommen.  Der Unternehmer müsste den Verkaufspreis dementsprechend erhöhen, um die höhere Steuer zu vergelten. Mit einem höheren Verkaufspreis wird es aber unwahrscheinlicher, überhaupt eine Nachfolge zu finden. Der höhere Kaufpreis erschwert den jüngeren Berufsleuten die Übernahme einer Firma. «Das würde bedeuten, dass wir KMU die Zeche bezahlen müssten und in der Sicherung unserer Zukunft massiv benachteiligt würden», sagt Eberhard. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, denn ein Viertel aller Bauunternehmen steht vor einem Generationswechsel.

Investitionen würden erschwert

Aber nicht nur das stört ihn. Sondern auch, dass sein Unternehmen bei der Annahme der Initiative Mühe hätte, Investitionen in Innovationen wie gehabt zu tätigen. «Wir verwenden Gewinne für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft. Dabei sind wir der Gesetzgebung um viele Jahre voraus, bei der VVEA waren es etwa 16 Jahre. Wir hatten also aus Umweltschutzgründen schon lange etwas praktiziert, dass der Gesetzgeber erst viel später eingeführt hat. Da die Initiative KMU stärker besteuern möchte, stünde uns künftig weniger Geld für die Forschung zur Verfügung. Wir könnten also weniger Mehrwert für die Gesellschaft schaffen.»

Worauf Eberhard anspielt: KMU drohen mit der «99%-Initiative» massive Mehrbelastungen. Wenn Kapitaleinkommen höher besteuert werden, führt dies zu einer Verknappung der verfügbaren finanziellen Mittel im Unternehmen. Es besteht die Gefahr, dass Kapital aus der Schweiz abfliessen würde.

Geben und nehmen 

Was dabei neben der fehlenden Investitionsfähigkeit stört, ist der Umstand, dass viele KMU unter der Coronakrise gelitten haben. Vom Staat erhielten sie finanziellen Support, damit die Wirtschaft am Laufen blieb. Es erscheint unsinnig, dass der gleiche Staat den Unternehmen plötzlich Geld wegnehmen sollte. Bei der Annahme der Initiative wäre dem aber so.

 

 

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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