Strategische Personalplanung: Arbeitnehmer länger halten und fehlende Fachkräfte nachbilden Von den Finanzzielen leitet die Baufirma den benötigten Personalbestand ab. Kennt sie die Ursachen für die Fluktuation und die Motivationsfaktoren, kann sie gezielt ihre Beschäftigten halten und fortbilden. Mittwoch, 20.9.2023 | 10:30 ... Schweizerischer Baumeisterverband Baumeister 5.0 Konjunktur und Statistiken Zahlen und Fakten Strategische Personalplanung: Arbeitnehmer länger halten und fehlende Fachkräfte nachbilden Mithilfe der Grafik unten navigieren Sie durch die Geschichte. Klicken Sie auf die Ziffern. 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 1. Fluktuation im richtigen Masse Eine gesunde Fluktuationsrate ist nicht leicht zu definieren, manche Quellen sprechen von rund 10%. Im Schweizer Schnitt beträgt die Fluktuation etwa 15 - 16%. Die Rate sollte in einem Unternehmen sicherlich über Null liegen, denn neue Mitarbeiter können frische Ideen in das Unternehmen bringen und vorhandene, talentierte Fachkräfte können befördert werden. Gleichzeitig bedeutet eine zu hohe Rate die Abwanderung von Know-How, Netzwerken zu Kunden und Lieferanten u.ä. Faktoren wie die Branche, das Alter oder die Arbeitsbedingungen spielen eine wichtige Rolle. Nur wenn das Unternehmen die Ursachen für die Fluktuation kennt, kann es angemessen mit ihr umgehen und beispielsweise gezielt die Arbeitsbedingungen ändern. Der langfristige Mittelwert der Fluktuation liegt in der Baubranche bei 17.4%. Dabei ist die Fluktuation wegen Unternehmenswechseln über die letzte Dekade ständig gestiegen, war sie 2012 bei 10%, ist sie 2013 auf 8.3% gesunken und bis 2022 auf 11.3% gestiegen. Die Zahlen inkludieren sowohl die Wechsel innerhalb der Branche als auch in eine andere. Nur 1.9% der Baubeschäftigten wechselten 2022 die Stelle innerhalb des Unternehmens, etwa weil sie befördert wurden oder sich neuen Aufgaben widmen wollen. 5.3% des Personals verlässt seine Stelle, weil die Mitarbeiter pensioniert werden, sie ihre Kinder oder Familienangehörigen betreuen müssen, wegen einer Weiterbildung oder aus ähnlichen Gründen. × 2. Gute Führung und Arbeitsklima fördern die Motivation In einer Studie hat Deloitte in verschiedenen Branchen und Ländern untersucht, welche Faktoren die Beschäftigten am stärksten motivieren. An erster Stelle steht in der Schweiz insgesamt die kompetente Führung, gefolgt von einer klaren Definition der Verantwortlichkeiten sowie einem gutem Arbeitsklima im Sinne von guten Beziehungen zu den Mitarbeitern und Vorgesetzten. Die Bedeutung der Faktoren variiert mit dem Alter der Beschäftigten. Für die Jungen unter 35 Jahren ist die Jobsicherheit am wichtigsten, die Generation Y (35-45 Jahre) bevorzugt klare definite Strukturen, Tätigkeiten und Entscheidungskompetenzen. Während für die 45- bis 54-Jährigen eine kompetente Führung ausschlaggebend ist, sehnt sich die ältere Generation (55 Jahre und älter) primär nach einer sinnstiftenden Tätigkeit. Diese Motivationsfaktoren sind Stellschrauben für ein Unternehmen, um die Fluktuation der Mitarbeiter zu senken. Anhand dieser Übersicht kann ein Unternehmen abschätzen, welche Faktoren den einzelnen Mitarbeiter motivieren. Möchte das Unternehmen Mitarbeiter langfristig halten, so kann es abschätzen, welche Faktoren mit dem Alter für ihn an Bedeutung gewinnen und welche abnehmen. Dieses Wissen kann als Grundlage für die gemeinsame Laufbahnplanung mit dem Arbeitnehmer und für die Entwicklung seiner Aufgaben dienen als auch für die Anpassung des Führungsstils des Kaders. × 3. Gesundes Leben für die Poliere – privat und beruflich Auch in der Baubranche zählt, wie gut man sich beruflich, körperlich und geistig in seinem Beruf fühlt. Die Gesundheit steht auf dem ersten Platz für fast 60% der Poliere und für die Mehrheit in allen Altersgruppen gemäss der Polierumfrage des SBV. Die Arbeit soll Sinn oder Spass bereiten, aber auch genug Zeit für das Privatleben bieten. Die Abwechslung im Beruf und die Work-Life-Balance werden bedeutsamer. Das zweitwichtigste Kriterium ist die Abwechslung im Beruf – dies wurde von 45% der Studienteilnehmer auf den 1. oder den 2. Rank gesetzt. Ein hoher Lohn und die Work-Life-Balance wurden praktisch gleich gewichtet– ihre Bedeutung liegt aber weit unter der Gesundheit und der Abwechslung im Beruf. Bei den Unter-30-Jährigen spielen die Gesundheit, gefolgt von der Work-Life-Balance und der Abwechslung im Beruf die wichtigsten Rollen. Der Lohn steht nur auf dem vierten Platz. Dabei gibt es viel Spielraum, um die jungen Arbeitskräfte mit attraktiven Aufgaben zu motivieren. Der Lohn gewinnt mit dem Alter eine grössere Bedeutung. Die 30- bis 50-Jährigen als auch die Über-50-Jährigen bevorzugen die Abwechslung und den Lohn vor der Work-Life-Balance, dabei zeigen die Ausgaben für Miete bzw. Eigenheim, die Altersvorsorge und die Ernährung der Familie ihren Einfluss. × 4. Das Alter des Personals strategisch nutzen 42% der Poliere ist über 50 Jahre alt. 4 von 10 Polieren werden also innert der nächsten 10 Jahre in Frührente gehen. In diesem Wissen kann sich ein Unternehmen frühzeitig in seinem Personalbestand umsehen und geeignete Maurer und Vorarbeiter motivieren, um die anstehende Lücke bei den Polieren zu schliessen. Gerade die älteren Poliere sind auf der Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit, die sie in einem leicht reduzierten Arbeitspensum ausfüllen können. Ein Arbeitgeber kann diesen beiden Wünschen entgegenkommen, indem er erstens den erfahrenen Polier ein Tandem mit einem jüngeren Arbeitskollegen bilden lässt, dem er sein Wissen übertragen kann. Zweitens ist eine Reduktion des Arbeitspensums auf 80% beliebt. Zusammen können beide Massnahmen bewirken, dass Poliere sogar über das Frühpensionierungsalter (FAR) von 60 Jahren hinaus bei der Firma bleiben. Im Vergleich zu den anderen Berufsgruppen arbeiten Poliere am öftesten über diese Altersgrenze hinaus. × 5. Das Lernen zielgerecht fördern Die ältere Generation der Über-55-Jährigen sieht die geringsten Barrieren beim Lernen. Sie stören sich am ehesten an einer fehlenden Beratung durch den Arbeitgeber sowie an einem wenig unterstützenden Arbeitsumfeld. Ihnen fehlt dadurch konkrete Vorschläge, wie sie sich weiterbilden können. Aber insbesondere Kader wie etwa Bauführer gehen nicht schon mit 60 Jahren in Rente, sondern mehrere Jahre später, so dass sich ihre Fortbildung auch für Arbeitgeber lohnen kann. Für die jüngeren Arbeitskräfte, insbesondere für die Unter-35-Jährigen, spielt die fehlende Zeit die grösste Rolle. Generell kann man sagen, dass die Unter-35-Jährigen bei allen Hindernissen die höchsten Werten aufweisen. Dabei ist es wichtig, die jüngere Generation mit konkreten Bildungsvorschlägen samt einem Zeitplan zu unterstützen, den Karrierepfad aufzuzeigen und die Lernmethoden attraktiv und zeitgemäss zu gestalten, damit sie ihre Fähigkeiten verbessern und im Unternehmen aufsteigen können. × 6. Vorausschauend und zielgerecht planen Ein wichtiger Teil der strategischen Personalplanung besteht darin, von den Finanzzielen des Unternehmens den künftig notwendigen Personalbestand zu ermitteln und mit dem heutigen Bestand abzugleichen. In einem weiteren Schritt muss ermittelt werden, wie sich die verschiedenen Ursachen für die Fluktuation auf die unterschiedlichen Berufe auswirken, damit das Unternehmen frühzeitig erkennt, welche Mitarbeiter das Unternehmen wahrscheinlich mittelfristig verlassen und wie sie die entstehenden Lücken auffüllen können. Wir betrachten das Fallbeispiel eines grösseren Unternehmens. Mit seinem Personalbestand von 50 Mitarbeitern erwirtschaftet es einen für seine Grösse typischen Umsatz von etwa 13 Mio. Franken im Jahr. Die Geschäftsleitung beschliesst, dass sie in den nächsten fünf Jahren den Umsatz halten möchte. Unternehmen einer solchen Grösse beschäftigten in der Regel 4 Poliere, 4 Vorarbeiter und 9 Maurer. Die anderen Beschäftigten blenden wir der Einfachheit halber aus. Aufgrund der Altersstruktur ist es wahrscheinlich, dass einer der vier Poliere seinen Beruf in fünf Jahren verlässt und in Pension geht. Die anderen Faktoren wie Fortbildung zum Bauführer, Invalidität, Branchenwechsel o.ä. sind bei den Polieren - zumindest bei diesem eher tiefen Personalbestand - vernachlässigbar, so dass wir nicht mit weiteren Personalwechseln bei den Polieren rechnen. Die Firma muss also einen Polier ersetzen. Die häufigste Rekrutierungsquelle für den Polier-Beruf sind Vorarbeiter, welche die entsprechende Fortbildung absolvieren. Unternehmen mit Total 50 Mitarbeitern beschäftigen im Schnitt vier Vorarbeiter. Davon dürfte einer innert den nächsten fünf Jahren eine Fortbildung zum Polier abschliessen. Der Arbeitgeber kann den Vorarbeiter motivieren, indem er mit ihm die Laufbahn plant und die finanziellen bzw. zeitlichen Kosten der Fortbildung teilt. Damit wäre die Lücke bei den Polieren aufgefüllt. Neben dem Vorarbeiter, der zum Polier aufsteigt, besteht die reelle Gefahr, dass ein weiterer Vorarbeiter bald in Pension geht. Demnach muss das Unternehmen in den nächsten fünf Jahren zwei der vier Vorarbeiter-Jobs neu besetzen. Von den neun bestehenden Maurern im Unternehmen werden sich voraussichtlich zwei zum Vorarbeiter ausbilden lassen. Dies sind keine schlechten Aussichten, wenn der Arbeitgeber die Maurer motiviert, die Ausbildung zum Vorarbeiter durchzuhalten und auch mittelfristig im Unternehmen zu verbleiben. Problematisch ist allerdings, dass sich der Maurerbestand, wenn man Firmenwechsel, Pensionierungen, Unfälle u.ä. berücksichtigt, mittelfristig durch neue Lehrlinge allein nicht konstant aufrechterhalten lässt. Es droht eine dauerhafte Lücke beim Maurer-Bestand. Um sie dennoch aufzufüllen, müssen Arbeitgeber entweder interne Bauarbeiter mit EBA-Abschluss oder bisher keinem Berufsabschluss fördern und sie die EFZ-Lehre nachholen lassen, oder aber Quereinsteiger finden und umschulen. Falls die Geschäftsleitung beschliessen würde, den Umsatz erhöhen zu wollen, müssten zusätzlich zu den geschilderten Massnahmen weitere Anstrengungen unternommen werden, um neue Poliere, Vorarbeiter und Maurer zu rekrutieren. × Über den Autor Luiza Maria Maniera [email protected] Artikel teilen
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